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So klingt die Adventszeit

Der UK-Online-Adventskalender diesmal ganz anders: Studierende der Kirchenmusikhochschule in Herford zeigen an den 24 Tagen bis Heiligabend ihr musikalisches Können – und auch sonst noch einige verblüffende Fähigkeiten

Vor der Kamera steht eine Handvoll junger Frauen und Männer, die mit toternster Miene in der Luft herumfuchteln. Kein Ton ist zu hören; nur lautlos, mit überdeutlichen Lippenbewegungen, sprechen sie offenbar einen Text. Aber welchen?

Wer das herausfinden möchte, sollte in den neuen Internet-­Adventskalender schauen, den UK gemeinsam mit der Hochschule für Kirchenmusik in Herford produziert hat. 24 musikalische Türchen haben die Studierenden selbst aufgenommen – und dabei allem Anschein nach viel Spaß gehabt.

Beim Klick auf die einzelnen Folgen hört man keineswegs ausschließlich klassische Adventschoräle. Die gibt es auch – aber zusätzlich jede Menge Lustiges, Originelles, manchmal auch Skurriles. Da wird der Nikolaus mit Krummhorn und Bockflöten empfangen; an der Orgel sieht man eine Art Rundlauf, und im Park stehen fünf Männer mit roten Mützen und singen bei Schneetreiben inbrünstig a cappella.
„Als wir den Studierenden von der UK-Idee erzählt haben, waren sie Feuer und Flamme“, erzählt Ulrich Hirtzbruch, Dozent für Orgelspiel. „Noch am gleichen Abend hatte ich eine Liste voll mit kreativen Vorschlägen in meinem E-Mail-Postfach.“ Der Studentenrat unter der Leitung von Danny Neumann übernahm die Koordination. In den Wochen vor dem 1. Advent wurde dann herumprobiert, gespielt, gefilmt und geschnitten. Alles improvisiert – das Produzieren von Musikvideos ist, anders als im Bereich Pop der Hochschule in Witten, (noch) kein Lehrfach bei den klassischen Kirchenmusikern in Herford. Nach den guten Erfahrungen mit dem Adventskalender wird dort aber bereits über eine Erweiterung des Lehrangebots nachgedacht.
Manches wurde extra komponiert: Von Benjamin Gruchow etwa stammt die Musik für das Weihnachts-Video, das am 24. Dezember freigeschaltet wird. Tim Weigardt hat das englische Weihnachtslied „In the bleak mid Winter“ für fünfstimmigen Männerchor arrangiert. „Das mussten wir richtig üben“, erzählt der Student. „Die Harmonien, die ich da eingebaut habe, waren gar nicht so einfach.“

Andere Beiträge entstanden spontan. Die Bläserklasse von Dozentin Monika Hofmann zum Beispiel war gerade mit Einblas-Übungen auf dem Mundstück beschäftigt, als die Idee mit den Gießkannen auftauchte. Was genau dabei herauskam? Das wird noch nicht verraten.

Auch ganz ungewohnte Rollen konnten die Studierenden ausprobieren: „Mir hat es am meisten Spaß gemacht, einmal Calcant zu sein“, erzählt David Ludewig. Auf einem Video ist zu sehen, wie er die großen Blasebälge, die die Orgel mit Luft versorgen, von Hand aufzieht – eine anstrengende Tätigkeit, die bis zum Aufkommen von Elektro-Motoren für das Orgelspiel unerlässlich war. Was passiert, wenn dem Calcanten die Kräfte ausgehen, zeigt das Video ebenfalls: Die Orgel gibt mitten im Choral ein schrilles Quietschen von sich – und dann gar nichts mehr.

Einige Studentinnen und Studenten sind mehrfach zu sehen, mindestens einmal aber stand jeder vor der Kamera. Auch die Dozentinnen und Dozenten haben mitgemacht. In manchen Videos bekommt man einen kleinen Einblick in den Unterricht, etwa in den Dirigier-Kurs bei Hildebrand Haake. Und der Studiengang Kirchenmusik popular mit Sitz in Witten hat ebenfalls zwei Türchen beigesteuert.

Der Rektor der Herforder Hochschule, Helmut Fleinghaus, ist beeindruckt vom Engagement der Studierenden. „Das Kirchenmusik-Studium ist sehr dicht, der Lehrplan vollgepackt“, erklärt er. „Beim Adventskalender konnten die Studierenden mit diesem Handwerkszeug zaubern, und zusätzlich kamen ihre individuellen Stärken viel stärker zum Vorschein als sonst.“

Eine tolle Möglichkeit, die eigene musikalische Persönlichkeit zu entwickeln, findet Fleinghaus – und eine gute Übung für das spätere Berufsleben, in dem die Kirchenmusikerinnen und -musiker in dem Gemeinden spontan und kreativ mit dem umgehen müssen, was sie vor Ort vorfinden. „Sie lernen hier im Unterricht neben den musikalischen Fähigkeiten auch Präsenz im Auftreten und persönliche Ausstrahlung. Dass einige auch Entertainer-Qualitäten mitbringen, sieht man in den Adventskalender-Videos ganz deutlich“, ist auch Ulrich Hirtzbruch überzeugt.
Trotz der Mehrarbeit hat das gemeinsame Projekt sogar das Unterrichtsklima verbessert, hat Monika Hofmann beobachtet: „Die Stimmung ist richtig locker geworden“, meint die Dozentin. Im Moment sammeln Studenten wie Dozenten schon wieder Ideen – für die Neuauflage im nächsten Jahr.

Das erste Türchen des musikalischen UK-Adventskalenders öffnet sich am 1. Dezember unter www.unserekirche.de oder unter youtube.com/user/unserekirche.