Fast jede evangelische Kirchengemeinde unterhält eine Kindertageseinrichtung. Sie sind wichtiger Bestandteil der Gemeindearbeit. Für die Kinder, die diese Einrichtungen besuchen, sind sie Orte der Identitätsfindung und Orientierung auf dem Lebensweg.
Evangelische Kindertageseinrichtungen stehen Kindern aller Religionen und Kulturen offen. Der Beruf der Erzieherin oder des Erziehers ist anspruchsvoll – das Klischee von der kaffeetrinkenden Kindergartentante, die ein bisschen bastelt und singt, geht an der Realität vorbei. Erzieherinnen und Erzieher müssen sich mit der sozialen, psychischen oder körperlichen Entwicklung von Kindern auskennen. Sie sind sensible Beobachter, Förderer der Kinder und deren Fähigkeiten sowie zugleich Gesprächspartner für die Eltern.
Fingerspitzengefühl und eine flüssige Organisation sind in diesem Beruf gefragt. Ständige Fortbildungen gehören zum Berufsbild dazu. Das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e. V. (EBW) der Evangelischen Kirche von Westfalen ist bereits seit 15 Jahren ein gefragter Anbieter von Fortbildungen für Erzieherinnen und Erziehern. Das Angebot wird Jahr für Jahr aktualisiert und erneuert.
„Auf dem Gebiet der Kindergarten-Pädagogik hat sich viel verändert. Die Lebenswelt der Kinder wandelt sich und damit wandeln sich auch die pädagogischen Antworten darauf“, sagt die zuständige Studienleiterin im EBW, die promovierte Religionswissenschaftlerin Maren Großbröhmer. So trägt das Bildungswerk beispielsweise der Tatsache Rechnung, dass es immer mehr multikulturelle und -religiöse Gruppen in den Einrichtungen gibt. „Das bringt Herausforderungen mit sich, aber auch eine Menge Chancen.“
Ganz konkret wird es 2019 ein Seminar geben mit dem Thema „‚Aufeinander zugehen – gemeinsam Schätze teilen. Christliche und islamische Geschichten, Lieder und Ideen für interreligiöse Begegnung in Kita und OGS (= Offene Ganztagsschule, Anmerkung der Redaktion)“. Im Programm finden sich auch wiederkehrende Klassiker wie die Langzeitfortbildung in „Reggio-Pädagogik“ (siehe Kasten) oder ein Angebot, wie mit Kindern das Ende des Kirchenjahres (Ewigkeits-/Totensonntag) und der Beginn der Adventszeit gestaltet werden kann.
Ein weiteres hoch aktuelles Thema in der Pädagogik ist die Frage, wie Kinder demokratisches Handeln lernen können. Deshalb wird es im Jahr 2019 eine Fortbildung geben unter der Überschrift „Mitentscheiden und Mithandeln. Demokratie(bildung) in Kindertageseinrichtungen“. „Das Thema Partizipation ist immens wichtig und kann in einer Kindertageseinrichtung schon eingeübt werden“, so Maren Großbröhmer.
Alle Fortbildungen bieten viel Raum für eigene Fragen und für die praktische Erprobung der Theorie. „Das ist uns sehr wichtig“, betont die Studienleiterin. „Gerade in den Langzeitfortbildungen gibt es auch immer ein Praxisprojekt, das die Teilnehmenden in ihren eigenen Einrichtungen realisieren müssen.“
Spätestens, seit die Kindertageseinrichtungen einen gesetzlichen Bildungsauftrag haben, müssen die Leitungen und ihre Teams viele zusätzliche Aufgaben übernehmen. Deshalb findet sich auch ein Workshop zum Thema „Beobachten und dokumentieren“ oder ein Seminar mit dem Titel „Herausforderung: Gruppenleitung“ im Programm. Auch den Umgang und die Zusammenarbeit mit Eltern thematisieren einige Angebote.
Ein ganz besonderes „Bonbon“ versteckt sich hinter dem Titel „Eine Langeweile ganz für mich“. Erzieherinnen und Erzieher widmen sich den ganzen Tag den Bedürfnissen der ihnen anvertrauten Kinder und aus diesem Grund, so Studienleiterin Maren Großbröhmer, „haben wir im kommenden Jahr bewusst auch ein Seminar aufgelegt, das sich mit der Selbstfürsorge beschäftigt. Dieses findet in der schönen und ruhigen Umgebung des ehemaligen Zisterzienserklosters Stifts Börstel statt.“
– Das Programm 2019 kann ab Oktober in der Dortmunder Geschäfts- und Studienstelle des EBW unter Telefon (02 31) 54 09 10, E-Mail: ingrid.mergemann@ebwwest.de angefordert beziehungsweise auf der Homepage www.ebwwest.de eingesehen werden.
Stichwort: Reggio Pädagogik
Die „Reggio-Pädagogik“, benannt nach dem Ort ihres Entstehens, der norditalienischen Provinzhaupt Reggio, bezeichnet Konzeption und Praxis der kommunalen Kindertagesstätten in dieser Region. Zentrale Grundannahme der in den 1970er Jahren entwickelten Erziehungsphilosophie ist die Vorstellung des aktiven, sich die Welt erschließenden Kindes, das als Konstrukteur seiner Entwicklung und seines Wissens und Könnens am besten weiß, was es braucht, und mit Energie und Neugierde die Entwicklung seiner Kompetenzen verfolgt. Darum stehen bei der Entwicklung der kindlichen Identität in dieser Pädagogik vor allem seine Stärken im Vordergrund. Kindertageseinrichtungen und Erziehungskräften ist aufgetragen, ihnen die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen zu sichern.UK
