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Selbst ein Schiffbruch wird stets groß gefeiert

„Festa“ (Feier) steht als Motto über den Veranstaltungen in Valletta auf Malta

„Früher hatten die Menschen Angst, an der Küste zu leben, wegen der Piraten“, erklärt Evans Borg (56), während er mit seinem kleinen Boot von Vallettas benachbartem Stadtteil Birgu nach Valletta schippert. Zehn Minuten dauert das. Zwischendurch nippt Borg an seiner Kaffeetasse.

Mit Schüssen aus allen Salutkanonen

Früher arbeitete er im Hafen. Nachdem die Regierung, wie er sagt, die Industrie im Hafen an die Mafia verkaufte, wurde er Gärtner in Schulen. Früh morgens kümmert er sich um die Pflanzen, damit er nachmittags auf seinem Boot sein kann. Für zwei Euro bringt er Touristen von der Altstadt Vallettas in die Stadt Senglea oder nach Birgu.
Das Wasser gehört zu Malta. „Malta. Land des Meeres“ heißt die Eröffnungsausstellung der EU-Kulturhauptstadt Valletta 2018. Sie zeigt, wie Malta mit dem Meer verbunden ist. Kuratiert wurde sie von der Österreicherin Maren Richter.
Das Motto der EU-Kulturhauptstadt Valletta lautet „Festa“ (Feier). Malteser feiern gerne, treffen Familie und Freunde, lieben Musik, Theater und Fußball. Für eine „Festa“ schmücken die Malteser Vallettas Hauptstraße, die zum Palast führt, mit grünen Girlanden, Lampen und großen rot-goldenen Fahnen.
Eines der größten Feste findet am 10. Februar statt. Dabei wird des Schiffbruchs gedacht, den der Apostel Paulus vor der maltesischen Küste erlitten haben soll. Nach ihm ist auch eine Kirche in Valletta benannt. Es heißt, auf Malta gebe es insgesamt 365 Kirchen, für jeden Tag des Jahres eine. Das Juwel der Altstadt ist die Co-Kathedrale St. John‘s, errichtet zwischen 1573 und 1578.
Auf einem großen Platz neben dem Palast sind die zwei ältesten Cafés Vallettas. Wer weiter der Straße folgt, erreicht den Castille-Platz. Hinter einem kleinen Garten stehen die Salutkanonen. Von hier aus wurden Salutschüsse zu Feiertagen abgegeben sowie zum Gruß an Schiffe und prominente Besucher. Seit Anfang des 19. Jahrhunderts wurde zudem um 12 Uhr mittags ein Schuss abgefeuert, um die exakte Zeit anzugeben. Seeleute nutzten diesen Schuss in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, um zu navigieren.
Die Festung Valletta war schon immer umkämpft. In den vergangenen 2500 Jahren herrschten erst die Römer, dann die Araber – und schließlich der Malteserorden. Für Afrikaner war es lange Zeit das Tor nach Europa. 360 Kilometer sind es ins libysche Tripolis. Viele Namen der im Karree angelegten Straßen beginnen mit „Al-“, Reminiszenz an das Arabische, aus dem die Malteser einige Wörter in ihre Sprache übernommen haben.
Nicht weit von den Kanonen wurde jetzt das neue nationale Museum für „Fine Arts“ eröffnet. Es heißt „Muza“ (Inspiration). Der Direktor des Projekts, Sandro Debono (47), freut sich darüber, dass in der Sammlung nicht nur italienische Künstler, sondern auch maltesische vertreten sind. „Malta ist weit mehr als Caravaggio“, sagt er.
Caravaggio (1571-1610) floh Anfang des 17. Jahrhunderts vor einer Mordanklage in Rom nach Malta. In der St. John‘s Kathedrale ist immer noch das einzige von ihm signierte Gemälde „Die Enthauptung Johannes des Täufers“ zu sehen.
Laut Debono habe sich in den vergangenen Jahren in Malta eine eigene Kunstszene entwickelt. Junge Menschen, die Lichtinstallationen konzipierten oder andere eigene Ideen verfolgten.
Die Sonne brennt, der Himmel strahlt blau wie an den meisten Tagen im Jahr. Es riecht nach Gewürzen und angebratenen Zwiebeln. Im kleinen Kiosk Camiliieri kann man die typisch maltesischen Pasticci gefüllt mit Erbsen oder Rindfleisch kaufen. Die Pasteten sind von den Briten geblieben, die süßen Cannoli, die mit Riccotta gefüllt sind, von den italienischen Einwanderern.

Britisch-italienisch gemischte Malta-Spezialität

Seit dem Pariser Vertrag 1814 war Malta ein wichtiger Teil des Britischen Reiches, erst 1964 wurde es unabhängig. Doch noch bis zur Schließung des Militärstützpunktes 1979 waren die Briten präsent auf der Insel. Englisch blieb auch offizielle Landessprache.
Borg legt kurz mit seinem Boot an der Steinmauer der Festung an. Die nächsten Touristen warten schon. Er holt sich kurz ein Pasticci, dann geleitet er die Besucher auf sein Boot und schippert davon.

Weitere Informationen: www.valletta2018.org/cultural-programme; ww.visitvalletta.de.