Mehr Solidarität mit Jüdinnen und Juden hat Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, bei einer Kundgebung auf dem Münchner Odeonsplatz gefordert. Mitgefühl für die Hamas-Geiseln „im stillen Kämmerlein zu hegen“ sei gut, reiche aber nicht, sagte Schuster laut Redemanuskript bei der Gedenkveranstaltung „365 Tage 7. Oktober – München gegen Antisemitismus“ am Sonntagnachmittag. Stattdessen brauche es „sichtbare und nachhaltige Zivilcourage“, die der jüdischen Gemeinschaft das Gefühl gebe, „hier erwünscht und gewollt zu sein“, betonte der Zentralratspräsident.
Am 7. Oktober jähre sich der für Juden „blutigste Tag seit der Schoa“. Mehr als 1200 unschuldige Zivilisten seien vor einem Jahr auf israelischem Boden von der Hamas ermordet worden. Noch immer kämpften 101 Geiseln in den Tunneln der Terrororganisation um ihr Überleben. Für viele Jüdinnen und Juden sei die Zeit seither stehen geblieben. Doch „für die Geiseln, sowie ihre Angehörigen und die Menschen in Gaza“ liefen die Uhren „in einem schrecklichen Takt“ weiter, sagte Schuster.
Den Einsatz für die Befreiung der Geiseln nannte er kein politisches, sondern ein menschliches Anliegen. Zugleich seien Juden und Palästinenser im Nahen Osten wie auch in deutschen Städten Nachbarn. „Hier wie dort gilt: Zu einem Zusammenleben gibt es keine Alternative“, sagte Schuster.
Zu der Kundgebung hatte der Münchner Zweig der weltweiten Initiative „Run for Their Lives“ eingeladen. Die Schirmherrschaft teilten sich Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München-Oberbayern. Als Redner hatten neben Schuster auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und die Schauspielerin Uschi Glas zugesagt. Die Behörden rechneten im Vorfeld mit bis zu 8000 Teilnehmern. Pro-palästinensische Aktivisten hatten zu einer Gegendemonstration aufgerufen.