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Schriftsteller von Düffel über die Kunst des Weglassens

John von Düffel (57), Dramaturg und Schriftsteller, wirbt für ein positives Verständnis von Verzicht und Askese. “Die meisten Menschen haben ein Bild von Askese, das negativ ist. Sie sehen darin ein Neinsagen zu allem, was Spaß macht”, sagte er der neuen Ausgabe der “Zeit”-Beilage “Christ und Welt” (Donnerstag). Ihm gehe es aber nicht um Verbote oder fremdbestimmten Verzicht: “Die Botschaft des Weglassens heißt nicht: ‘Du darfst nicht”, sie lautet: ‘Entlaste dich.'”

Er finde das Entrümpeln seines Konsumverhaltens entlastend – nicht nur materiell und lebenspraktisch, sondern auch moralisch, sagte der Autor. Es gehe darum, das richtige Maß zu finden und zu fragen, was man wirklich benötige. “Es ist ein Riesenunterschied, ob ich mir kein Auto leisten kann oder mir keins leisten will, weil ich es nicht wirklich brauche.”

Eine solche Haltung sei allerdings nicht einfach zu entwickeln. Denn es gebe gesellschaftliche Erwartungen oder Erfolgskategorien des Schneller, Höher, Weiter, die dem entgegenstehen. “‘Mein Haus, mein Auto, meine Jacht’ – das sind Statussymbole, die Anerkennung verheißen. Sich davon zu lösen, ist nicht leicht. Doch genau da sehe ich den Asketen der Zukunft.”

Von Düffel ist einer der bekanntesten deutschen Dramaturgen. Im vergangenen Jahr ist von ihm das Buch “Das Wenige und das Wesentliche” im DuMont-Buchverlag erschienen.

Der 57-Jährige sagte, die Menschheit habe im Verlauf ihrer Geschichte gelernt, möglichst viele Güter und Nahrungsmittel anzusammeln, um sich vor Armut, Hunger und Hilflosigkeit zu schützen. “Die Angst davor ist ein wesentlicher Treiber der Akkumulation.” Für viele Menschen in den westlichen Ländern sei diese Haltung aber nicht mehr angemessen und vielmehr schädlich.

Allerdings sorge Askese nicht automatisch für eine innere Fülle, sagte von Düffel. Viele Menschen machten dann die Erfahrung einer inneren Leere. “Genau das ist vermutlich der Grund, warum man sich mit Entertainment zuballert: die Angst vor der inneren Leere, der Horror Vacui, wenn keine Ablenkung da ist.” In einem solchen Fall müsse man dann der Leere des eigenen Lebens ins Auge schauen.