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Schnitzeljagd durch Prag: Auf den Spuren von Dan Browns neuem Roman

Seinen neuen Roman “The Secret of Secrets” verortet Starautor Dan Brown in Prag. Die Stadt macht sich dies zunutze und setzt auf spezielle Führungen: Sie sollen den gehobenen Tourismus ankurbeln.

Literaturliebhabern ist Prag bislang vor allem als Heimat von Franz Kafka bekannt. In seiner Geburtsstadt hat der Schriftsteller tiefe Spuren hinterlassen, ist dort an vielen Orten präsent. Besonders augenfällig ist dies am Einkaufszentrum Quadrio, direkt über der Metrostation Národní. Dort steht eine elf Meter hohe Skulptur mit 42 beweglichen Ebenen, die der populäre Prager Aktionskünstler David Černý geschaffen hat. Jeweils zur vollen Stunde rotiert die Skulptur für 15 Minuten, formt das Gesicht Kafkas – ein riesiges Spektakel, das die Massen anzieht.

Einen ordentlichen Besucherzuwachs erhofft sich die Stadt an der Moldau nun aber auch durch einen ganz anderen Autor. Denn Dan Browns 800 Seiten starker neuer Thriller “The Secret of Secrets” – deutscher Titel “Zwischen Leben und Tod. Das letzte Geheimnis der Menschheit” – spielt zum Großteil in Prag, ehe sich die Handlung nach London und New York verlagert. Bereits zum sechsten Mal lässt Brown in seinem neuen Roman, der vor wenigen Wochen erschienen ist, den Harvard-Professor und Symbologen Robert Langdon mystische Rätsel lösen – diesmal im Verbund mit seiner neuen Geliebten Katherine Solomon.

Für die Recherche war Brown insgesamt sechs Mal in Prag – der Amerikaner liebt es eben sehr genau. Dass er von dieser alten Stadt fasziniert ist, liegt auf der Hand. Brown hat schließlich ein ausgesprochenes Faible für Mystik, Mythologie und Geheimnisse, in diesem Roman verbunden mit gespenstischer futuristischer Wissenschaft.

Prag hat zweifellos etwas Magisches mit seinen vielen Türmen, goldenen Dächern, kleinen Gassen, dem alten jüdischen Viertel – und seinen Legenden. Die bekannteste ist die von Golem – eine Lehmfigur, die der berühmte Prager Rabbi Löw zum Schutze des jüdischen Viertels geschaffen haben soll. Auch auf diese Figur greift Brown in seinem Roman zurück. Ein wichtiger Ort ist daher auch der alte jüdische Friedhof.

Weitere touristische Highlights dienen ebenso als Schauplätze – so das Klementinum. Ursprünglich ein Jesuitenkolleg, wurde das Barockgebäude von der österreichischen Kaiserin Maria Theresia zur Nationalbibliothek erklärt, die heute einen Bestand von mehr als sieben Millionen Dokumenten hat. Prunkstück ist der barocke Bibliothekssaal mit seinen Deckenfresken, in denen Touristen einen Blick werfen können, ohne ihn betreten zu dürfen. Hier lässt Brown sich seine beiden Helden auf der Flucht vor einem Scharfschützen des tschechischen Geheimdiensts verstecken.

Erwähnung findet dabei auch der Codex Gigas, die sogenannte Teufelsbibel, satte 75 Kilogramm schwer, die Brown als Prunkstück dieser Bibliothek darstellt. In Wirklichkeit ist dieses Buch heute in Stockholm ausgestellt – eine Folge des Dreißigjährigen Kriegs. Damals fand dieses Monsterwerk seinen Weg nach Schweden.

Weitere Prager Besuchsklassiker kommen in der Handlung natürlich auch vor – so die Karlsbrücke, der Hradschin, dieser Burgberg samt seinem imposanten Veitsdom, ebenso das Altstädter Rathaus mit seinem 70 Meter hohen Turm, in dem die berühmte Astronomische Uhr untergebracht ist. Und da ist noch der Aussichtsturm auf dem Petřín-Hügel, der dem Pariser Eiffelturm nachempfunden ist. Die 299 Stufen der doppelläufigen Wendeltreppe lässt Brown den Professor im Laufschritt nehmen – für die Aussicht bleibt da keine Zeit. Dieser Aussichtsturm wurde 1891 eröffnet und ist mit seiner Höhe von 63,5 Metern exakt so hoch wie das Pariser Vorbild – freilich nur, wenn man vom Meeresspiegel aus misst.

Von Browns neuem Roman erhofft sich die Stadt einen beträchtlichen touristischen Zuwachs. So erklärte jüngst Jana Adamcová, die stellvertretende Vorsitzende von Prag Tourismus, in einem Interview mit Radio Prag International: “Vor fünf Jahren haben wir uns vom Massentourismus abgekehrt. Das Phänomen, zu dem Dan Brown beiträgt, nennen wir Literaturtourismus – und der interessiert uns.” Was sie damit meint, erläutert sie so: “Er umfasst Menschen, die mit einem tieferen Interesse an der Geschichte Prags hierhinkommen. Das sind individuell Reisende, und für sie haben wir ein ganzes Angebotspaket erarbeitet, mit dem sie Prag auf den Spuren Dan Browns kennenlernen können.” So gebe es spezielle Stadtführungen, Souvenirs und Stadtpläne mit den Orten, die im Roman vorkommen.

Bei den speziellen Stadtspaziergängen denkt Prag Tourismus an drei Varianten – bislang gibt es die durch die Altstadt und das jüdische Viertel. “Vorbereitet wird noch eine Trasse auf Seiten der Prager Burg, denn auch dort passiert im Buch viel. Und den dritten Spaziergang wollen wir rund um die Bastion U Božích muk und den Folimanka-Bunker anlegen”, kündigt Adamcová an.

Ganz preiswert ist der Stadtspaziergang, den Prag Tourismus als Privatführung anbietet, aber nicht. Die zweistündige Führung (Treffpunkt im Altstädter Rathaus) für ein bis zwei Personen kostet 4.900 tschechische Kronen – umgerechnet 200 Euro. Drei bis fünf Personen zahlen zusammen umgerechnet 275 Euro, eine Gruppe mit sechs bis zehn Personen zahlt 395 Euro, eine Gruppe mit elf bis 15 Personen 520 Euro und eine Gruppe mit 16 bis 20 Personen 650 Euro.

Dass das Angebot aber angenommen werden dürfte – erst recht, wenn es noch eine Verfilmung geben sollte -, zeigen andere Beispiele. So erlebte Florenz einen zusätzlichen Touristenboom, nachdem 2013 Dan Browns Roman “Inferno” herausgekommen war. Dieses Robert-Langdon-Abenteuer spielte eben zu einem Großteil in der Hauptstadt der Toskana – weitere Schauplätze waren Venedig und Istanbul.

Auch Florenz bot – zumindest damals – spezielle Dan-Brown-Führungen an. Die brachte einige verblüffende Erkenntnisse – so im berühmten Palazzo Vecchio. Denn im Sala delle Carte Geografiche, dem Kartensaal dieses Palastes, lässt Brown Langdon hinter der Armenienkarte eine Geheimtür öffnen. Und die gibt es da wirklich: Hinter der Armenienkarte führt ein Geheimgang weiter ins Innere. Auch Prag dürfte in dieser Hinsicht sicherlich nun einige Überraschungen zu bieten haben.