UK 19/2016, Middelhoff (Seite 4: „Middelhoff tritt Dienst als Hilfskraft in Bethel an“)
Die v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld haben viele Freiwillige Soziale Helfer (Betheljahr und Diakonisches Jahr). Dies sind FSJ´ler und Bundesfreiwilligendienstleistende (BUFDIS), die im Rahmen eines einjährigen freiwilligen Jahres in den verschiedenen Bereichen in Bethel einen anspruchsvollen und wertvollen Dienst leisten. Sie kümmern sich um Menschen mit Behinderung, die unter anderem in den Werkstätten in Bethel arbeiten (Pro Werk). Sie unterstützen sie an ihrem dortigen Arbeitsplatz und erklären ihnen ihre Aufgaben, sie leisten Hilfestellungen bei den Mahlzeiten und versorgen sie, sie begleiten sie bei den Toilettengängen und wechseln ihre Windeln , sie machen Botengänge, hauswirtschaftliche Arbeiten und vieles mehr. Sie arbeiten nun mit Herrn Middelhoff zum Teil Seite an Seite in der gleichen Einrichtung.
Der kleine feine Unterschied: Für diese Tätigkeit bekommen die Freiwilligen Helfer jedoch nicht den gleichen Lohn, sondern ein Taschengeld in Höhe von 390 Euro monatlich (40-Stunden-Woche)!
Gleich ist eben nicht gleich. Mit welcher Berechtigung bekommt Herr Middelhoff als Vorbestrafter eine Bruttobezahlung in Höhe von rund 1800 Euro? Dies ist ein Schlag ins Gesicht für jeden der dortigen freiwilligen Helfer, gegebenenfalls sogar der Regelmitarbeiterschaft insbesondere in unteren Lohngruppen, die in diesem oder einem ähnlichen Bereich einen engagierten Dienst verrichten! Übrigens: Auch Herr Middelhoff hätte einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) für 390 Euro monatlich ableisten können. Das Programm des Bundes hätte dieses möglich gemacht.
Untreue und Steuerhinterziehung lohnen sich anscheinend immer wieder – auch in der Büßerrolle eines Produktionshelfers in Bethel.
Es stellt sich auch die (politische) Frage, warum eine Einrichtung wie Bethel dies für Herrn Middelhoff ermöglicht? Natürlich aus der vom Glauben geleiteteten Haltung heraus: „Dass ihr mir niemanden abweist“ – dahinter steht die christliche und menschliche Haltung Bethels. Im Kontext der Verurteilung von Herrn Middelhoff und seiner Veruntreuungen und Steuerhinterziehungen sollte man meinen, dass Bethel hiervon, bei aller Nächstenliebe, als ein nicht gerade positives gesellschaftliches Beispiel, eher Abstand nimmt!? Auch Nächstenliebe kennt in unserer rechtsstaatlichen Ordnung Grenzen. Dient Herr Middelhoff, insbesondere für junge engagierte Menschen, die sich in der Phase ihrer Berufsfindung und -klärung befinden, wahrlich nicht als Vorbild, nicht nur wegen der Ungleichbehandlung der Bezahlung.
Peter Dolinsky, Referent Diakonisches Jahr der Evangelischen Kirche von Westfalen, Schwerte
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