Am 2. September verkündete US-Präsident Donald Trump stolz, die US-Marine habe vor der Küste Venezuelas ein Boot von Drogenschmugglern versenkt. Die Marine sei in den internationalen Gewässern vor der Küste des südamerikanischen Staates im Einsatz gegen Drogenschmuggel in die USA, erklärte der Präsident.
Caracas selbst wies den Vorfall umgehend als „Fake News“ zurück und betonte zugleich, dass es sich gegen jegliches Eindringen in die eigenen Hoheitsgewässer wehren würde. Bereits drei Tage später meldeten die USA, venezolanische Kampfflugzeuge hätten US-Marineboote gefährlich nahe überflogen. Es folgten weitere Provokationen, die die Angst einer militärischen Konfrontation wecken. Dies könnte nach einer Analyse des Think Tanks Crisis Group die gesamte Region destabilisieren.
Die Spannungen zwischen Washington und Caracas schwelen seit Jahrzehnten. Seit dem Wahlsieg des Sozialisten Hugo Chávez im Jahr 1999 wird Venezuela von den USA als Teil einer „Achse des Bösen“ gesehen. Trotz gelegentlicher Annäherungen, etwa durch die jüngst erteilte Genehmigung an den US-Konzern Chevron, wieder Öl im Land zu fördern, überwiegt das Misstrauen.
So erhöhte die US-Staatsanwältin Pam Bondi am 7. August ein Kopfgeld auf 50 Millionen US-Dollar, um den venezolanischen Präsidenten Nicolás Maduro zu ergreifen. Sie bezeichnete ihn als „größten Drogenhändler der Welt“ und Kopf des sogenannten „Cartel de los Soles“. Die Crisis Group widerspricht: Zwar gebe es Hinweise auf korrupte Militärs, die von Drogengeschäften profitieren, ein zentral organisiertes Kartell nach mexikanischem Vorbild existiere aber nicht.
Die USA stehen mit ihren Anschuldigungen allerdings nicht allein. Ende Februar 2025 warf die chilenische Staatsanwaltschaft Venezuelas Innenminister Diosdado Cabello vor, einen Mord in Auftrag gegeben zu haben. Über die kriminelle Vereinigung „Tren de Aragua“ soll er einen in Chile untergetauchten Ex-General beseitigt haben. Das Kartell, das von Venezuela aus operiert, wird in mehreren lateinamerikanischen Staaten für Drogenhandel, Entführungen und Gewalt verantwortlich gemacht. Präsident Maduro hingegen bestreitet die Existenz dieser Organisation.
Auch im Nachbarland Kolumbien wächst die Sorge. Dort nimmt aktuell die Gewalt paramilitärischer Gruppen und Splittergruppen der 2016 aufgelösten Farc-Guerilla wieder stark zu. Der linke Präsident Gustavo Petro macht Venezuela dafür verantwortlich, einzelnen Gruppierungen Rückendeckung zu gewähren.
Die venezolanische Regierung weist sämtliche Anschuldigungen zurück. Maduro erklärte am 5. September, Venezuela sei „frei von Drogenproduktion“. Vielmehr gehe es Washington darum, Zugang zu den reichen Ölreserven des Landes zu sichern. Kritik linker Amtskollegen, wie zuletzt des chilenischen Präsidenten Gabriel Boric, kommentiert die Regierung abfällig. Sie seien „Bauern des US-amerikanischen Imperialismus“. In Südamerika ist Venezuelas Regierung weitgehend isoliert.
Die Crisis Group zeichnet in ihrem Bericht ein differenzierteres Bild: Nicht der venezolanische Staat als Ganzes, wohl aber einzelne Funktionsträger nutzten ihre Ämter für kriminelle Geschäfte. Dies ist demnach zu beobachten, seitdem der ehemalige verstorbene Präsident und Ex-General Hugo Chávez an die Macht gekommen ist.
Eine militärische Lösung hält die Denkfabrik hingegen für ausgeschlossen. Auch Kolumbiens Präsident Petro warnt eindringlich: Eine Intervention würde Irak oder Syrien wiederholen und die gesamte Region ins Chaos stürzen. Stattdessen setze er auf einen friedlichen Machtwechsel, der allerdings in der Vergangenheit immer wieder scheiterte. Unbeirrt davon sagte Petro Mitte August: „Maduro geht vorbei“ – als handle es sich dabei um ein Naturgesetz.