Die Ruhrfestspiele bieten vom 1. Mai bis zum 8. Juni unter dem Motto „Zweifel und Zusammenhalt“ rund 220 Veranstaltungen. „Der Zweifel ist eines unserer wichtigsten Instrumente“, sagte Intendant Olaf Kröck am Mittwoch bei der Vorstellung des Spielplans in Recklinghausen. Angesichts der aktuellen politischen Situation betonte er aber auch, „dass der Zweifel für unlautere politische Zwecke missbraucht werden kann“, etwa beim Umkehren von Opfern zu Tätern. Auf der anderen Seite bedeute „Zusammenhalt“ nicht, dass man immer einer Meinung sein müsse, sondern dass man auch mit unterschiedlichen Sichtweisen „für eine gemeinsame Sache einstehen kann“.
Neben Theater- und Tanzinszenierungen, Lesungen, Performances, Ausstellungen, Konzerten, Kabarett und Gesprächsformaten spielt der Neue Zirkus eine zentrale Rolle. Unter den 90 Produktionen finden sich zwei Uraufführungen und acht Deutschlandpremieren.
Eröffnet werden die Ruhrfestspiele am 3. Mai mit einer Rede der Autorin Cécile Wajsbrot. Die 1954 in Paris geborene Tochter polnischer Juden beschäftige sich in ihrem literarischen Werk mit den Themen Erinnerung, Vergessen und der Verantwortung, aus der Geschichte zu lernen, erklärte Festspiel-Dramaturg Jan Hein. Es schließt sich eine Schauspielpremiere an, von der Intendant Olaf Kröck nach eigenen Angaben bei der Planung „nicht ahnen konnte, wie sehr sie in unsere Zeit passt“: Samuel Becketts „Warten auf Godot“ über zwei Clowns in der Absurdität des Lebens wird vom Berliner Ensemble in einer Inszenierung von Luk Perceval präsentiert. Die diesjährige Ausstellung in der Kunsthalle Recklinghausen ist der US-Künstlerin Judy Chicago gewidmet.
Als Uraufführung der Ruhrfestspiele kommt das Theaterstück „Es ist nie Sommer im Ruhrgebiet“ von Guido Wertheimer heraus. In der Koproduktion mit dem Theater Münster setzt sich der Autor und Regisseur mit seiner eigenen Familiengeschichte auseinander: Seine Urgroßeltern betrieben ein Schuhgeschäft in Recklinghausen und flohen vor den Nationalsozialisten nach Argentinien. Die Kammeroper „The Great Yes, The Great No“ des südafrikanischen Künstlers William Kentridge thematisiert ebenfalls eine Flucht: Künstler verlassen Europa per Schiff Richtung Martinique. Das große Festspielhaus muss zur Vorbereitung der umfangreichen Produktion im Juni vier Tage lang geschlossen bleiben.
Zu den Tanzstücken zählen etwa „Il Cimento dell’Armonia…“ und „Notte Morricone“. Choreografin Anne Teresa De Kaersmaker ließ sich von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ zu einem Tanzabend inspirieren, zu dem die Musik von einem Kammerorchester mit historischen Instrumenten beigesteuert wird. Marcos Morau nutzt in seinem Stück ebenfalls Musik aus Italien: Er huldigt dem großen Filmmusikkomponisten Ennio Morricone.
Immer wieder werde er gefragt, welche „Promis“ denn in Recklinghausen aufträten, sagte Intendant Kröck. Er verwies etwa auf die früheren „Tatort“-Ermittler Eva Mattes und Wolfram Koch, zwei gute Bekannte der Festspiele. Aus dem Oscar-gekrönten Film „The Zone of Interest“ ist Hauptdarsteller Christian Friedel in Recklinghausen zu Gast und gestaltet einen Macbeth-Abend mit Musik. Kabarett-Größen wie „Storno“ oder Wilfried Schmickler sorgen für die satirischen Töne.