Ein großer Teil der Tier-, Pilz- und Pflanzenarten in Nordrhein-Westfalen ist laut einer Auswertung der aktuellen Roten Listen gefährdet. Mit 44,4 Prozent treffe das auf knapp die Hälfte der untersuchten Arten zu, erklärte das NRW-Umweltministerium am Dienstag in Düsseldorf mit Blick auf eine vorläufige Auswertung durch das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv). Bei der vorangegangenen Erhebung im Jahr 2011 hatte die Quote bei 46,3 Prozent gelegen.
Für eine Entwarnung sei es dennoch „viel zu früh“, betonte Umweltminister Oliver Krischer (Grüne). „Unsere Artenvielfalt ist weiterhin dramatisch gefährdet.“ Als besorgniserregend bezeichnete er, dass einst ungefährdete „Allerweltsarten“ mittlerweile in den Roten Listen zu finden seien und hier noch keine Trendumkehr erkennbar sei. So würden etwa Feldsperlinge nach wie vor als gefährdet gelten und der früher häufige Schmetterling Kleiner Fuchs stehe in manchen Regionen auf der Vorwarnliste. Vor 20 Jahren sei er noch einer der häufigsten Tagfalter gewesen.
Verschlechtert habe sich die Situation etwa für den Großen Brachvogel und die Krickente, die als „stark gefährdete Arten“ genannt werden. Bei den Fischen sei das Flussneunauge vom Aussterben bedroht. Bei den Farn- und Blütenpflanzen werden zum Beispiel das Weide-Kammgras, die Berg-Platterbse und der Wiesen-Storchschnabel als gefährdet eingestuft. Ursachen für den Verlust biologischer Vielfalt und deren Veränderung seien etwa die intensive Flächennutzung, die Zerstörung und Zerschneidung naturnaher Lebensräume, der fortschreitende Flächenverbrauch und die Auswirkungen des Klimawandels, erklärte Lanuv-Präsidentin Elke Reichert.
Eine Verbesserung sei bei den Vogelarten etwa für den Raubwürger festgestellt worden, der nicht mehr vom Aussterben bedroht sei, hieß es. Auch der Gartenrotschwanz sei nicht mehr stark gefährdet. Verbesserungen seien bei den Maifischen festgestellt worden, die durch gezielte Naturschutzmaßnahmen wieder angesiedelt wurden. Auch die Bestände der Bachforelle seien in NRW stabil und würden nun als ungefährdet eingestuft. Ziel der Landesregierung sei es, den Anteil der gefährdeten Arten bis 2030 auf 40 Prozent zu reduzieren.
Die Rückkehr von Tierarten werde möglich, wenn deren Lebensräume wiederhergestellt und Rückzugsräume für ein Überleben in möglichst naturnahen Biotopen geschaffen würden, hieß es. Dazu trügen etwa die rund 100 Wildnisentwicklungsgebiete und weitere Schutzgebieten bei. Mehr als 43.000 verschiedene Tier-, Pilz- und Pflanzenarten und rund 70 verschiedene Lebensräume sind den Angaben zufolge Grundlage für den Artenreichtum in NRW.