Düsseldorf Hauptbahnhof. Sonntag, kurz nach Mittag. Die Bibelfreizeit ist gerade mit einem Gottesdienst und einem gemeinsamen letzten Mittagessen zu Ende gegangen. Nun verteilen wir uns wieder auf unsere Züge gen Heimat.
Ich stehe auf meinem Gleis und warte auf den Zug Richtung Bielefeld. Müßig lausche ich einer Durchsage: „Der IC nach Norddeich-Mole fährt heute abweichend aus Gleis 17.“
Hmm. Das ist mein Gleis gegenüber. Einen Koffer habe ich, Zahnbürste, Zahnpasta, Schlafanzug. In vier Stunden schnuppere ich Nordsee-Luft!
Ich steige in Norddeich aus dem Zug und entnehme dem Fährplan, dass ich Glück habe. Es geht noch eine Fähre nach Norderney. Insel, ich komme. Genießerisch halte ich meine Nase in die abendliche Meeresbrise. Ein Zimmer wird schnell zu finden sein. Gleich gibt es leckeren frischen Fisch.
Morgen laufe ich lange Sandstrände entlang, sammle Muscheln und Steine. Beobachte das Meer, wie es bei der Flut wieder zurückkehrt. Zum Aufwärmen lasse ich Sahnewölkchen in meinen Ostfriesentee fließen, während der Kandis verheißungsvoll knistert. So lässt sich das Leben genießen.
Bloop!!! Mit einem lauten Knall zerplatzt meine Seifenblase. Ich finde mich an meinem Schreibtisch in der UK-Redaktion wieder. Mit offenen Augen träumend. Denn natürlich bin ich in den Zug nach Bielefeld gestiegen. Brav nach Hause gefahren. Am nächsten Tag wieder zur Arbeit erschienen.
Aber: Ich hätte können. Einfach ausbrechen. Nach Paris, Amsterdam, Basel – oder Norddeich.
Eines Tages steige ich ein und lasse mich entführen. Eines Tages …