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Regierung will Mindeststrafen bei Kinderpornografie senken

Unter dem Eindruck von Missbrauchsvorfällen wie in Lügde verschärfte der Bundestag vor zwei Jahren das Strafmaß für den Besitz von Kinderpornografie. In der Praxis erwiesen sich die Konsequenzen als nicht handhabbar.

Die Bundesregierung will Mindeststrafen für den Besitz, den Erwerb und die Verbreitung kinderpornografischen Materials absenken. Einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss das Kabinett am Mittwoch. Demnach soll die Mindeststrafe für die Verbreitung von Kinderpornografie von einem Jahr auf sechs Monate und für den Versuch der Beschaffung, des Abrufens oder des Besitzes von einem Jahr auf drei Monate verringert werden.

2021 hatte der Bundestag die Strafen in diesem Bereich deutlich verschärft. Jetzt reagiert die Bundesregierung auf Kritik von Anwälten und Richtern, die die Verhältnismäßigkeit der Strafen in Einzelfällen nicht mehr gewährt sehen. Wichtig ist die Reform laut Begründung der Regierung vor allem für Eltern und Lehrern älterer Kinder, “die kinderpornografisches Material bei diesen gefunden und an andere Eltern, Lehrerinnen oder Lehrer oder die Schulleitung weitergeleitet haben, um diese über den Missstand zu informieren”, heißt es im Entwurf.

In diesen Fällen müsse auch auf die jugendlichen Täter “angemessen und mit der gebotenen Flexibilität” eingegangen werden. In der Regel würden sie nicht agieren, “um sich durch den kinderpornografischen Inhalt sexuell zu erregen”, sondern aus “Unbedarftheit, Neugier, Abenteuerlust oder Imponierstreben”.

Die Verschärfung der Strafrechtsreform 2021 bleibt dennoch erhalten. Vor 2021 konnten Täterinnen und Täter mit maximal fünf Jahren Freiheitsstrafe für den Besitz, Erwerb oder die Verbreitung kinderpornografischen Materials bestraft werden, seitdem sind es 10 Jahre. Weil nun weniger schwere Fälle wieder als Vergehen eingestuft werden können, ist zudem laut Regierung die Priorisierung dringender Fälle wieder möglich.

Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) erklärte dazu, die Änderung des unteren Strafrahmens aus dem Jahr 2021 habe zu zahlreichen Problemen in der Praxis der Strafverfolgung geführt. Insbesondere drohe Menschen, die solches Material ungewollt – etwa im Rahmen einer WhatsApp-Eltern-Gruppe – zugespielt bekommen hätten, eine Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr. Vergleichbares gelte auch im Falle von Lehrerinnen und Lehrern, die bei Schülern kinderpornografisches Material auf dem Handy entdeckt und es weitergeleitet haben, um betroffene Eltern zu alarmieren. Es sei deshalb dringender Wunsch insbesondere von Strafverfolgern, Staatsanwälten und Gerichten sowie der Landesjustizministerinnen und Landesjustizminister, hier zur alten Rechtslage zurückzukehren.

Unter dem Eindruck der Missbrauchsvorfälle in Freiburg, Lügde und Bergisch-Gladbach hatte der Bundestag vor zwei Jahren das Strafrecht verschärft und eine härtere Bestrafung von Missbrauchstätern beschlossen. Die Regierungsfraktionen Union und SPD hatten zuvor lange über die Reform gerungen.