Katholische Reformgruppen halten Veränderungen kirchlicher Strukturen für zwingend, um das Überleben der katholischen Kirche zu sichern. Vor der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz in Wiesbaden sagte der Sprecher der Initiative “Wir sind Kirche”, Christian Weisner, am Freitag vor Journalisten: “Immer mehr Fachleute, aber auch Menschen an der Kirchenbasis spüren: Die katholische Kirche in Deutschland wie auch die römisch-katholische Weltkirche befinden sich in einer existenziellen Krise, wie es sie wohl seit der Reformation nicht gegeben hat.”
Mit Blick auf die am 4. Oktober in Rom beginnende Weltsynode fügte Weisner hinzu: “Die große Hoffnung ist, dass es der katholischen Weltkirche doch gelingt, die Kurve zu kriegen, sonst stünde ihre Existenz auf dem Spiel.”
Aus Sicht Weisners gibt es fundamentale Widersprüche zwischen der “befreienden Botschaft des Jesus von Nazareth” und den “über Jahrhunderte immer starrer gewordenen Strukturen einer absolutistischen monarchischen Kirche”. Es sei eine Zwei-Klassen-Kirche des Klerus gegenüber sogenannten Laien und vor allem gegenüber Frauen. Auch die Aufdeckung sexualisierter Gewalt in immer mehr Ländern mache deutlich: “Die jetzigen kirchlichen Strukturen haben keine Zukunft.”
Vor diesem Hintergrund sei nun an die deutschen Bischöfe ein Appell verschickt worden, “selbstbewusst Verantwortung in einer Kirche am Scheidepunkt zu übernehmen”. In dem am Donnerstag bekanntgewordenen Schreiben von mehr als 30 katholischen Verbänden, Reformgruppen und Betroffenen-Initiativen heißt es: “Die Zeit des Hinhaltens, des Vertuschens, der immer noch schleppenden Aufklärung sexualisierter Gewalt und der dafür mitverantwortlichen Machtstrukturen muss endgültig vorbei sein.”
Maria Flachsbarth, Präsidentin des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB), sagte, die Frauenfrage sei die Zukunftsfrage für die ganze Kirche. Letztlich gehe es um Gleichberechtigung in allen Ämtern und Diensten der Kirche. Ulrike Göken-Huismann, Geistliche Leiterin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), sagte in Richtung der Kirchenverantwortlichen: “Dass wir leise werden, darauf können Sie lange warten.”
Von Montag an tagt die Bischofskonferenz vier Tage lang in Wiesbaden-Naurod. Die Reformgruppen wollen mit einer Mahnwache vor dem um 18.30 beginnenden Eröffnungsgottesdienst in der Wiesbadener Kirche St. Bonifatius für ihre Forderungen demonstrieren.