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Merz’ Fünf-Punkte-Plan in der Kritik

Der Freiburger Asylrechtsexperte Constantin Hruschka wendet sich gegen die migrationspolitischen Forderungen von CDU/CSU. Diese seien rechtswidrig und eine Gefahr für den Rechtsstaat.

Die migrationspolitischen Forderungen von Unionskandidat Merz sind laut europäischem Recht verboten (Symbolbild)
Die migrationspolitischen Forderungen von Unionskandidat Merz sind laut europäischem Recht verboten (Symbolbild)Imago / Christian Ohde

Der Freiburger Rechtswissenschaftler Constantin Hruschka hat den von CDU/CSU geforderten Fünf-Punkte-Plan für sichere Grenzen und ein Ende illegaler Migration als in vielen Punkten rechtswidrig kritisiert. Es handele sich um Ankündigungs- und Symbolpolitik, sagte Hruschka der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Kanzlerkandidat Friedrich Merz und die Union gingen mit diesen Plänen frontal gegen das geltende individuelle Recht auf Asyl vor.

Zudem stelle der Bundestagsantrag der Union grundlegende Prinzipien des Rechtsstaats in Frage. “Ich sehe die Gefahr, dass inmitten einer enorm überhitzten Migrationsdebatte rechtsstaatliche Standards über Bord geworfen werden sollen”, sagte Hruschka. Die Forderungen der Union hätten bei einer Umsetzung dramatische Folgen für den gesamten Rechtsstaat – weit über das Migrationsrecht hinaus. So würden das Prinzip des Vorrangs von Europarecht vor nationalem Recht und die gerade erst beschlossene Reform des europäischen Asylsystems infrage gestellt. Hruschka lehrt an der Evangelischen Hochschule Freiburg und ist Experte für Asyl- und Europarecht.

Merz-Pläne nicht vereinbar mit europäischem Recht

Der Wissenschaftler kritisierte, dass die Merz-Forderungen “weder die europäischen Migrationsprobleme lösen würden, noch eine geeignete Antwort auf die schrecklichen Messerangriffe von Solingen oder Aschaffenburg sind”. Hruschka bezeichnete den Fünf-Punkte-Plan als unvereinbar mit grundlegendem europäischen Recht. “Wer dauerhafte Grenzkontrollen fordert, kündigt die europäische Freizügigkeit auf. Und damit die wichtigste Errungenschaft der EU.” Der oberste Gerichtshof der EU (EuGH) habe längerfristige Grenzkontrollen zwischen EU-Mitgliedsländern mehrfach für rechtswidrig erklärt.

Auch die im CDU/CSU-Bundestagsantrag geforderten Zurückweisungen an den Grenzen, das Einreiseverbot für Personen ohne Einreisedokumente sei laut europäischem Recht verboten, sagte Hruschka. “Eine rechtmäßige Verwirklichung dieser Forderung ist nicht möglich. Ein EU-Staat darf seine Grenzen nicht dicht machen.” Die von CDU/CSU vorgebrachte Forderung nach einer Inhaftierung aller vollziehbar ausreisepflichtigen Personen steht für Hruschka überdies im Widerspruch zum Grundgesetz: “Unsere Verfassung macht klar, dass der Freiheitsentzug nur das letzte Mittel, die absolute Ausnahme sein darf; das soll nun ins Gegenteil verkehrt werden, indem die Haft zum Normalfall würde.”

Asylrechtsexperte: Fatales Signal für europäische Reformen

Würden die Forderungen von CDU/CSU umgesetzt, wäre die europäische Asylrechtsreform schon ein Jahr vor ihrem Inkrafttreten kaum noch realistisch umsetzbar, so der Rechtswissenschaftler: “Nationales Recht zu erlassen, das europäische Reformen bremst oder aushebelt, ist nicht nur rechtlich verboten, sondern auch ein fatales Signal für die Praxis, die sich gerade auf die strukturelle Umsetzung der neuen Regelungen vorbereitet.” Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat angekündigt, ihren migrationspolitischen Antrag in den Bundestag einzubringen.