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Rechtschreibung im Advent

O Tannenbaum! Fällt Ihnen etwas auf? Sie haben gerade das kürzeste Wort deutscher Sprache gelesen. O. Ein Buchstabe. Rekordhalter sprachlicher Selbstbeschränkung. Die Advents- und Weihnachtszeit wimmelt davon: O du fröhliche! O Heiland, reiß die Himmel auf! Mit Ernst, o Menschenkinder! Und natürlich: Gottes Sohn, o wie lacht! Advent ist quasi O-Zeit.
Insgesamt aber ist das einsame „O!“ auf dem Rückzug. Kaum jemand gebraucht es noch im Alltag. Es wird verdrängt vom … „Oh!“. Ein „h“ mehr. Das fällt kaum jemandem auf. Selbst die Gebildeten im Land nehmen den Unterschied meist nicht mehr wahr.
O oder Oh? Beides sind Ausrufe, so genannte Interjektionen. Beide ziehen ein Ausrufezeichen nach sich. Aber das eine (O!) ist eine Anrufung (Vokativ). Das andere (Oh!) Ausdruck des Erstaunens, der Überraschung; mit Komma vom folgenden Wort getrennt.

Und da wird’s kniffelig. O Gott! Oder: Oh, Gott! Beides möglich. Beim Ersten redet man Gott selbst an. Beim Zweiten – nun, möglicherweise auch. Aber irgendwie anders. Nicht so direkt.
Helfen kann die Betonung: Bei „o Gott“ vorne immer unbetont, bei „oh, Gott“ betont. Und mit Pause.
O weh. (Oder: Oh weh?) Selbst der Duden hat mittlerweile aufgegeben und macht beides möglich.
Wir dagegen halten fest: O Tannenbaum! Dann singen wir den Baum an: Du toller Tannenbaum, du! Sieht dagegen ein Kind zum ersten Mal so ein Riesending in der Kirche stehen, ruft es überwältigt und entzückt: Oh, (was für ein toller) Tannenbaum!
O, oh. Dass uns das mal nicht ablenkt, wenn wir demnächst wieder Adventslieder singen.