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Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft

Wie der Kirchenkreis Reinickendorf im Streit um ein Flüchtlingsheim schlichtet.

Von Marina Mai

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Das Marie-Schlei-Haus war ein Seniorenpflegeheim, musste aber aufgegeben werden, weil es in Reinickendorf zu viele Seniorenheime gibt. Das Gebäude ist barrierefrei, ideal für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge. Doch das sahen die Nachbarn in dem beschaulichen Wohngebiet mit Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen anders. Sie gründeten eine Bürgerinitiative und mobilisierten gegen die neuen Nachbarn. Sexuelle Übergriffe auf kleine Mädchen, Autodiebstähle, Einbrüche in Häuser, auf der Straße urinierende Menschen und eine Rattenplage – das waren nur einige der Vorstellungen, die jene im März auf einer Bürgerversammlung mit Asylbewerbern verbanden. Anders als in Hellersdorf hat die Bürgerinitiative in Reinickendorf mit der NPD nichts am Hut. Was sich hier zusammenbraute, war Rassismus aus der Mitte der Gesellschaft. Auf dem Kiezblog im Internet etwa schrieb ein Mann: „Wir wollen auch nicht, dass im Marie-Schlei-Haus traumatisierte, behinderte, vergewaltigte, schwangere … Asylanten mit ihren Familienclans untergebracht werden. (…) Es kommt (…) auch keine kleinere Asylantenzahl infrage. Selbst 20 Personen dieser Menschengruppe wären für unser Umfeld unerträglich!“Im April zogen dennoch knapp 200 Asylsuchende ein. Rund um den Eichborndamm wurden weder kleine Mädchen vergewaltigt noch Autos geklaut oder Häuser aufgebrochen. Dafür entzündete sich der Unmut der Anwohner an spielenden Kindern.

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