Der alljährlich in Aachen verliehene Internationale Karlspreis zählt zu den bedeutendsten europäischen Ehrungen. In diesem Jahr geht er an Pinchas Goldschmidt, den Vorsitzenden der Europäischen Rabbinerkonferenz.
Der Vorsitzende der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER), Pinchas Goldschmidt (61), ist am Donnerstag in Aachen mit dem Internationalen Karlspreis geehrt worden. Der frühere Oberrabbiner von Moskau setze sich “für den Frieden, die Selbstbestimmung der Völker und die europäischen Werte, für Toleranz, Pluralismus und Verständigung” ein, hieß es zur Begründung. Zudem engagiere er sich für den interreligiösen Dialog zwischen Juden und Christen sowie zwischen Juden und Muslimen, so das Karlspreisdirektorium. Gemeinsam mit Goldschmidt erhielten auch die jüdischen Gemeinschaften in Europa die Auszeichnung.
In seiner Laudatio lobte Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) im Krönungssaal des Aachener Rathauses die Entscheidung Goldschmidts, 2022 Putins Russland zu verlassen, um so gegen die Gewalt gegen die Freiheit in der Ukraine zu protestieren. “Es zeugt von Ihrem tiefen historischen Gerechtigkeitssinn”, so der Bundeswirtschaftsminister.
Mit dem Karlspreis an Goldschmidt setzt die Jury laut Habeck überdies auch ein Zeichen gegen Antisemitismus – und “dafür, dass jüdisches Denken und jüdisches Leben Europa reicher macht”. Zudem setze er sich als Mitgründer des europäischen Muslim-Jewish-Leadership Council für eine besseres wechselseitiges Verständnis zwischen den rund 1,5 Millionen Juden und den über 40 Millionen Muslimen in Europa ein.
Bei einem Gottesdienst vor der Karlspreis-Verleihung sagte der Aachener katholische Bischof Helmut Dieser, Goldschmidt stehe für ein demokratisches, freies und friedfertiges Europa. Mit dem Karlspreis für ihn und alle jüdischen Gemeinschaften in Europa werde hervorgehoben, dass Europa rechtsstaatlich sei und Raum für religiöse wie kulturelle Freiheit biete. Dieser rief außerdem dazu auf, allen Formen von Judenhass entschieden entgegenzutreten – auch an der Wahlurne.
Der 1963 in Zürich geborene Goldschmidt steht seit 2011 der Europäischen Rabbinerkonferenz vor, der rund 800 orthodoxe Rabbiner angehören. Ab 1993 war er Oberrabbiner von Moskau. Weil er den russischen Überfall auf die Ukraine nicht unterstützte, geriet er unter Druck. Deshalb verließ er im März 2022 Moskau und reiste nach Israel aus.
Der Karlspreis wird seit 1950 an Persönlichkeiten und Institutionen vergeben, die sich um die Einigung Europas verdient gemacht haben. Namensgeber ist Kaiser Karl der Große (742-814). Er gilt als erster Einiger Europas und wählte Ende des achten Jahrhunderts Aachen zu seiner Lieblingspfalz. Außer der Urkunde erhalten die Preisträger eine Medaille, die das älteste erhaltene Stadtsiegel Aachens aus dem zwölften Jahrhundert mit Karl dem Großen zeigt.