Das Zugunglück von Eschede im Jahr 1998 gilt hierzulande als Wendepunkt für den Umgang mit traumatischen Erfahrungen. Laut einer Expertin braucht es jedoch weiteres Umdenken.
Über zwei Milliarden Menschen leiden laut der Klinischen Psychologin Maggie Schauer weltweit unter traumatischem Stress. Zugleich werde Traumatherapie vielfach als Luxus betrachtet, kritisierte Schauer im Interview der Zeitschrift “Psychologie Heute” (Oktober-Ausgabe). “Sie ist selten zu bekommen, teuer und lang ausgebildeten Spezialistinnen und Spezialisten vorbehalten.”
Um den “Kreislauf von Trauma und Gewalt” zu durchbrechen, brauche es eine “kulturübergreifend schlichte, effektive und erschwingliche Psychotherapie”, so die Expertin. Unbehandelte Traumata führten oft zu körperlichen Erkrankungen, Suchtverhalten, Depressionen oder auch erhöhter Gewaltbereitschaft.
Schauer hat gemeinsam mit anderen Psychologen die sogenannte narrative Expositionstherapie entwickelt, bei der Betroffene ihre Lebensgeschichte erzählen, die von einem Therapeuten aufgeschrieben und danach gemeinsam besprochen wird. “So kann beim traumatisierten Menschen die Vermeidung überwunden werden, er fühlt sich gesehen und kann sein eigenes Selbst – das jüngere Ich – durch die Vergangenheit begleiten.” Schauers Buch über “Die einfachste Psychotherapie der Welt” ist vor Kurzem erschienen.
In Deutschland erkranken zwischen 1,5 und 2,3 Prozent der Menschen laut Statistiken mindestens einmal im Leben an einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Depressionen, Angststörungen oder körperliche Beeinträchtigungen, die sich nicht auf eine organische Ursache zurückführen lassen, können in traumatischen Erfahrungen begründet liegen.
Ein psychologisches Trauma kann entstehen, wenn jemand von einem unerwarteten Ereignis betroffen ist, das außerhalb von seiner bzw. ihrer normalen Erfahrungswelt liegt und das irgendeine Art und Verletzung oder Bedrohung involviert – ob real oder empfunden. Anschließend an diese Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO ergänzen Traumatherapeuten, dass mit dem Trauma nicht das Geschehnis selbst gemeint ist – sondern das, wie Menschen in der Folge darauf reagieren.