Himmlische Musik, feindselige Botschaft: Auf die Ambivalenz der Johannespassion von Johann Sebastian Bach hat Regionalbischof Thomas Prieto Peral am Karfreitag in der Himmelfahrtskirche Pasing hingewiesen. Juden würden darin – weil das Johannesevangelium in einer Zeit scharfer Konflikte zwischen den ersten Christen und der jüdischen Gemeinde entstanden sei – pauschal als blutrünstige Menge beschrieben, die Schuld sei an Jesu Tod. „Unsere christliche Tradition hat aus dem Karfreitagsevangelium leider oft eine Waffe gegen das jüdische Volk gemacht“, bedauerte der Theologe laut Redemanuskript in dem Kantatengottesdienst zum Sterbetag Jesu. Er forderte Christinnen und Christen auf, sich nicht von „Parolen des Hasses“ manipulieren zu lassen: „Steht ein für Gerechtigkeit, für Wahrheit, für die Liebe – bleibt bei Christus, statt ‚Kreuzige ihn‘ zu rufen.“
Die Johannespassion nicht mehr aufzuführen, sei keine Lösung, betonte der Regionalbischof. Stattdessen müsse das Werk bei jeder Aufführung reflektiert werden, weder Musiker noch Zuhörer dürften die judenfeindlichen Motive stehen lassen. Die Kirche stehe heute in einem neuen Verhältnis zu ihren jüdischen Geschwistern: „Uns ist wieder bewusst geworden: Jesus selbst war Jude, ebenso seine Jünger.“
Wer die Worte in Bachs Werk „genau hört und einordnet, statt sie zu verdrängen“, dem könnten sie auch als Warnung dienen: „Jeder von uns kann in Versuchung geraten, sich der hasserfüllten Menge anzuschließen“, sagte Prieto Peral. Mit einer solchen Haltung könne jeder die Johannespassion „mit reinem Herzen“ hören: „Voller Andacht für die Leidensgeschichte unseres Herrn und zugleich wachsam gegenüber allen Untertönen, die nicht der Botschaft Jesu entsprechen.“ (1336/18.04.2025)