Der rheinische Präses Thorsten Latzel hat die demokratischen Parteien aufgefordert, sich vor der Bundestagswahl am 23. Februar nicht „zerlegen oder auseinanderdividieren“ zu lassen. „Wir werden nach der Wahl sehr wahrscheinlich Koalitionen brauchen von Menschen, die zusammenarbeiten“, sagte der leitende Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland am Montag in Bonn. Dazu brauche es Kompromissfähigkeit.
Mit Blick auf die gemeinsame Abstimmung von Union, FDP und AfD für eine verschärfte Migrationspolitik in der vergangenen Woche sprach Latzel von einer Gefährdung der Demokratie, die ihn umtreibe. Auch viele Menschen aus der evangelischen Kirche seien dagegen auf die Straße gegangen.
Die Grundhaltung der AfD sei mit den Werten der christlichen Kirchen nicht vereinbar, betonte Latzel. Die Demokratie müsse sich wehrhaft zeigen, dazu „sollte man alle Instrumente bedenken“. Das könnte ein Parteiverbot oder ein Ausschluss von staatlicher Finanzierung sein, dies sei Sache von Fachleuten.
Gefahr für die Demokratie geht nach den Worten des 54-jährigen Theologen auch von sozialen Medien aus. So nehme der US-Multimilliardär Elon Musk als Besitzer der Plattform X einen „massiv problematischen“ Einfluss – Musk hatte unter anderem zur Wahl der AfD aufgerufen. Daher sollte darüber nachgedacht werden, bestimmte soziale Medien zu regulieren, zu sozialisieren oder abzuschalten, sagte der rheinische Präses. „Es geht hier um die Grundinfrastruktur unserer Kommunikation, und die ist in den Händen von einigen populistischen Superreichen.“
Was die politische Tätigkeit von Kirchenmitgliedern in verantwortlichen Leitungspositionen angeht, habe die rheinische Kirche eine klare Regelung, erklärte Latzel mit Blick auf eine mögliche Nähe zur AfD. Jemand, der in und für die Kirche Verantwortung trage, müsse mit seinen Äußerungen und seiner Lebensführung deutlich machen, dass er die evangelischen Grundwerte teile. Zurzeit gebe es dafür Einzelfallprüfungen. „Das funktioniert bei uns sehr gut“, erläuterte der rheinische Präses. „Die Situation würde sich verändern, wenn die AfD insgesamt als verfassungsfeindlich eingestuft würde.“