ESSEN – Die westfälische Präses Annette Kurschus hat davor gewarnt, religiöse Hintergründe von Krieg und Gewalt leichtfertig abzutun. „,Das alles hat nichts mit richtig verstandener Religion zu tun‘ ist ein falscher Satz. Jedenfalls zu einfach und zu dünn“, sagte Kurschus in ihrer Fastenpredigt im Essener Dom.
Religion, auch der christliche Glaube, sei nicht per se gut oder schlecht, sondern immer zwiespältig und ambivalent, wenn sie fundamentalistisch ausgelegt werde. „Nicht selten waren es die höchsten Motive und ehrwürdigsten Traditionen ausgerechnet der Religionen, die tiefstes Leid verursachten, barbarische Taten hervorbrachten und hohe Leichenberge schufen“, sagte die leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen. Wenn fromme und friedliebende Muslime auf die Gewalt etwa in Syrien, Irak und zuletzt London und St. Petersburg sagten, das habe nichts mit dem Islam zu tun, klinge das aufrichtig, aber auch hilflos.
Auch Christen könnten nicht ernsthaft behaupten, dass etwa der Irakkrieg nichts mit dem evangelikalen „Bible Belt“ in den USA oder die Verfolgung Homosexueller in manchen afrikanischen Ländern nichts mit der christlichen Missionsgeschichte zu tun habe, sagte Kurschus weiter. „Die Welt retten, Gott beweisen, ihn vor unsere eigenen Überzeugungskarren spannen, Macht haben und Macht ausüben“ seien „ganz gewiss Versuchungen auch unserer Kirchen“.
Die westfälische Präses warnte, manche Menschen griffen „zum Gotteswort wie in eine Zauberkiste und nehmen flugs einen passenden Vers heraus“. Die Bibel könne aber nur durch Interpretation in der Vielfalt ihrer Aussagen richtig gehört werden. Diese Mühe müssten Gläubige sich machen, betonte Kurschus. epd
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