Nach der Veröffentlichung des Missbrauchsberichts für das Bistum Fulda kommt aus der Politik eine dringende Mahnung an die Diözese: Alle Faktoren, die Missbrauch begünstigt haben, müssten beseitigt werden.
Die Befunde des Missbrauchsberichts im Bistum Fulda sorgen auch in der Politik für Empörung. Mark Weinmeister (CDU), Regierungspräsident des Regierungsbezirks Kassel, erklärte am Freitag: “Die Schicksale der Betroffenen von sexualisierter Gewalt im Bistum Fulda seit 1945 bewegen mich zutiefst und machen mich fassungslos.”
Man könne nur erahnen, “welches Leid den Opfern zugefügt wurde und wie schwer ihre Verletzungen sind”. Es sei jetzt Aufgabe des Bistums, “dass alle Faktoren, unter denen Missbrauch entstehen konnte, identifiziert und abgestellt werden”.
Alle Missbrauchsbetroffenen müssten zudem die notwendige Unterstützung bekommen, um ihre Traumata zu verarbeiten. Das Bistum Fulda – das in weiten Teilen mit der Fläche des Regierungsbezirks übereinstimmt – müsse nun “alles in seiner Macht Stehende zu tun, um den Betroffenen zu helfen”.
Ergänzt werden müsse dies durch “wirksame Instrumente”, um künftigen Taten vorzubeugen. Der Fuldaer Bischof Michael Gerber habe am Donnerstag eine umfassende Aufarbeitung sowie strukturelle Veränderungen innerhalb der Diözese zugesichert, betonte Weinmeister.
Gerber hatte den früheren Fuldaer Erzbischof Johannes Dyba für dessen Umgang mit Missbrauch kritisiert und zudem ein systemisches Versagen der Kirche konstatiert. Es gelte, strukturelle Schwächen zu erkennen, zu benennen und zu verändern, so Gerber.
Der seit März 2019 amtierende Fuldaer Bischof sagte weiter, er sei auf Menschen gestoßen, die ihm von erlittenem Leid durch das Verhalten Dybas berichteten, der das Bistum von 1983 bis zu seinem Tod im Jahr 2000 leitete. Dyba habe das Thema Missbrauch delegiert.
Gerber kritisierte dies scharf: “Ich habe als Bischof eine Letztverantwortung und vor allem auch eine moralische Verantwortung für solche Vorgänge – und ich habe die Pflicht, mich informieren zu lassen über derartig gravierende Personalvorgänge.”
Die Aufarbeitungskommission bilanzierte, die Fuldaer Bischöfe von 1977 bis 2003 hätten die gesamte Personalverantwortung in die Hände von Weihbischof Johannes Kapp gegeben, der während dieser Zeit Personalchef des Bistums war. Delegieren sei zwar ein wichtiges Führungsinstrument, doch so wie es im Bistum Fulda offenbar gehandhabt worden sei, “geht und ging das nicht”, sagte Gerber. Er äußerte sich eine Woche nach der Präsentation eines Abschlussberichts über Missbrauchsfälle zwischen 1945 und 2024. Demnach gab es seit 1945 mindestens 120 mutmaßlich Betroffene von sexuellem Missbrauch und 37 mutmaßliche Täter.