Die neue Mitte-links-Regierung will die Verschreibungspflicht für ein Notfall-Präparat zur Schwangerschaftsverhütung abschaffen. Auf eine Liberalisierung des Abtreibungsgesetzes kann sie sich bislang aber nicht einigen.
Die “Pille danach” soll in Polen nach einem Gesetzentwurf der neuen Regierung künftig ohne Rezept erhältlich sein. Es handele sich um ein Notfallverhütungsmittel – und nicht um eine Pille für einen frühzeitigen Schwangerschaftsabbruch, sagte Gesundheitsministerin Izabela Leszczyna (Mittwochabend) in einem TV-Interview. Die Tabletten sollen laut der rechtsliberalen Politikerin an Betroffene ab 15 Jahren frei in Apotheken verkauft werden.
Seit 2017 gab es in Polen die “Pille danach” nur mit Rezept. Die damals regierende rechtskonservative Partei PiS hatte die Verordnung durch eine Ärztin oder einen Arzt zur Pflicht gemacht.
Die seit Dezember amtierende Mitte-links-Regierung ist unterdessen uneinig über eine Reform des Abtreibungsgesetzes. Statt einem Regierungsentwurf gibt es dazu nur unterschiedliche Gesetzesinitiativen der Linken und der rechtsliberalen Bürgerkoalition (KO), der größten Regierungsfraktion. Zwei weitere Regierungspartner, die konservativ-liberalen Parteien Polen 2050 und PSL, lehnen hingegen bisher eine Liberalisierung ab.
Der Gesetzentwurf der KO, der am Mittwoch im Parlament eingereicht wurde, erlaubt Abtreibung in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen. Danach soll ein Abbruch nur zulässig sein, wenn die Schwangerschaft die Gesundheit oder das Leben der Frau gefährdet, eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine schwere Fehlbildung oder unheilbare Krankheit des Fötus besteht oder im Fall einer Vergewaltigung.
Ministerpräsident Donald Tusk sagte, beim Thema Abtreibung bestünden in der Regierungskoalition unterschiedliche Auffassungen. Daher werde es keinen gemeinsamen Gesetzentwurf geben. Zum Antrag seiner KO-Fraktion erklärte der Regierungschef: “Abtreibung ist die Entscheidung der Frau, nicht die eines Priesters, Staatsanwalts, Polizisten oder Parteifunktionärs.”
Aus der PSL hieß es allerdings, viele Abgeordnete der Partei würden den KO-Entwurf nicht unterstützen. Eine Mehrheit für den Vorstoß im Parlament scheint daher fraglich. Zudem könnte Staatspräsident Andrzej Duda eine Liberalisierung per Veto blockieren.
Polen hat eines der restriktivsten Abtreibungsgesetze in Europa. Schwangerschaftsabbrüche sind nur bei Gefahr für die Gesundheit der Mutter oder nach einer Vergewaltigung erlaubt.