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Pionier für den Frieden im Kriegstaumel

Der Theologe Friedrich Siegmund-Schultze (1885–1969) gilt als Vorkämpfer der Friedensbewegung. Im Ersten Weltkrieg setzte er sich für Versöhnung ein. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Mitbegründer der Anlaufstelle für Kriegsdienstverweigerer. Von Martin Vogel

Von Martin VogelNoch heute, fast hundert Jahre nach den furchtbaren Kämpfen bei Verdun, zeigt sich die Natur dort als eine Art Mondlandschaft voller Krater, überzogen von einem Flaum aus Büschen, Bäumen und Sträuchern. Allein in den ersten acht Stunden der Schlacht verschossen kaiserliche Kanoniere zwei Millionen Granaten. Verdun gilt als Inbegriff für das mörderische Gemetzel des Ersten Weltkriegs. Blutpumpe, Knochenmühle oder einfach nur Hölle – so nannten es diejenigen, die überlebten.Mitten im beginnenden Kriegstaumel kommen in den ersten Augusttagen des Jahres 1914 Christen aus verschiedenen Ländern in Konstanz zusammen. Sie gründen den „Weltbund für Freundschaftsarbeit der Kirchen“. An ihrer Spitze steht Friedrich Siegmund-Schultze. Der junge Mann ist noch nicht einmal dreißig Jahre alt und doch einer der Väter des ökumenischen Einsatzes der Christen für den Frieden im Jahrhundert der Weltkriege. Der in die Konferenz hineinplatzende Kriegsausbruch zwingt die Versammelten zum überstürzten Aufbruch. Auf einer Zwischenstation der Rückreise befördern der englische Quäker Henry Hodgkin und der deutsche Pfarrer Friedrich Siegmund-Schultze gemeinsam in Köln eine Initiative, aus der später die Gründung des Internationalen Versöhnungsbundes hervorgehen wird. Die beiden Christen widersetzen sich der vorherrschenden Logik und veröffentlichen eine deutsch-englische Erklärung gegen den Krieg.Was für ein Kontrast! Der europäische Kontinent steigert sich in einen Kriegstaumel und eine kleine Gruppe von Menschen nimmt sich der irrwitzig erscheinenden Aufgabe an, der ökumenischen Friedensarbeit die Bahn zu bereiten. Wie weitsichtig und wie glaubensstark! Heute kennen nur wenige den Namen Friedrich Siegmund-Schultze, obwohl sein Leben und Wirken überaus eng mit unserer Kirche verbunden ist. (…)

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