Artikel teilen

Pilgern ist mehr als wandern

Wo liegt der Unterschied zwischen Wandern und Pilgern? Das fragte sich Annegret Petersen vom Pilgerbüro der Evangelischen Erwachsenenbildung. Sie erzählt von ihrer Ausbildung zur Pilgerbegleiterin.

Pilgerbegleiterin Annegret Petersen freut sich auf die kommende Saison. Das Programm bietet über 30 Veranstaltungen.
Pilgerbegleiterin Annegret Petersen freut sich auf die kommende Saison. Das Programm bietet über 30 Veranstaltungen.Felix Eichhorn

Frau Petersen, was sind die Unterschiede zwischen Pilgern und Wandern?
Annegret Petersen: Die spirituellen Impulse. Beim Wandern laufen wir auch durch die Natur und erfreuen uns an ihr. Beim Pilgern geht es aber um mehr. Durch die Impulse – das können ein Liedvers, eine Frage, Stille oder auch ein Bibelwort sein – denke ich über mich selbst, meinen Glauben und meine Umwelt nach. Wer mag, kann sich auf dem Weg auch darüber austauschen.

Wozu braucht es Pilgergruppen? Kann das nicht jeder für sich allein machen?
Selbstverständlich kann man auch allein pilgern. Doch oft sind es gerade die Gespräche, die mich weiterbringen. Ich habe erlebt, dass auf einer Pilgertour ein wertvoller Austausch mit wechselnden Gesprächspartnerinnen und -partnern entsteht. Jeder Mensch hat schließlich andere Sichtweisen auf den Impuls. Diese Gedanken bringen dann auch mich wieder ein Stück weiter.

Kompass, Karten und das Erste-Hilfe-Set

Sie haben die Ausbildung zur Pilgerbegleiterin gemacht. Erzählen Sie doch mal ein wenig von den Inhalten.
Eine zentrale Frage ist natürlich „Wie bringe ich das Thema, das ich gefunden habe, angemessen in die Gruppe ein.“ Darüber hinaus lernen wir auch etwas über Gruppendynamik, wie ich eine Wegführung plane, wie ich mit Unwägbarkeiten umgehe. Aber wichtig sind auch ganz praktische Dinge, zum Beispiel dass man Kompass und Karten mitnimmt und an das Erste-Hilfe-Set denkt.

Viele Menschen verbinden mit Pilgern Leid und Entbehrungen. Ist das noch zeitgemäß?
Tatsächlich begegnet mir diese Vorstellung häufig. Aber Pilgern hat viele Dimensionen. Natürlich sind lange Touren, wie in diesem Jahr auf dem Olavsweg, der Via Regia und dem oberschwäbischen Jakobsweg, anstrengender und auch entbehrungsreicher als eine zweistündige Stadtpilgertour in der Dortmunder City. Man kann auf verschiedene Weise pilgern: Zu Fuß, mit dem Bus, mit dem Rad, im Oldtimer – das Fortbewegungsmittel ist austauschbar, aber die spirituellen Impulse bleiben.

Pilgertradition in vielen Religionen

Gibt es auch interreligiöses Pilgern?
Ich denke, dass das sogar naheliegt. Viele Religionen haben eine eigene Pilgertradition. Für das kommende Jahr plant das Pilgernetzwerk ein Forum zu diesem Thema in Dortmund.

Gerade ist das neue Pilgerprogramm des Evangelischen Erwachsenenbildungswerkes für 2023 erschienen. Gibt es besondere Highlights?
Unser Sonderheft „Pilgerwege gehen“ zeigt einen Auszug aus dem aktuellen EBW-Programm. Übrigens auch die Aus- und Fortbildungen für Pilgerbegleiterinnen und -begleiter. In dem Heft finden sich über 30 Angebote. Da ist für alle was dabei: kurze und längere Wege, mit und ohne Übernachtungen, manche hier in NRW, andere gehen bis nach Norwegen. Interessierte finden zudem alles übersichtlich zusammengefasst. Den Schwierigkeitsgrad haben wir beispielsweise mit kleinen Wandermännchen-Piktogrammen dargestellt, von 0 bis 3. Ich kann alle einladen. Pilgern tut gut. Körper und Seele und auch noch der Natur, mit der wir beim Pilgern ja schonend umgehen.

• Das Pilgernetzwerk ist ein Projekt der EBW. Regionalstellen, Haupt- und Ehrenamtliche haben sich zusammengeschlossen, um das Pilgern zu fördern und sich zu unterstützen. Das neue Programm gibt es hier: www.ebwwest.de; www.wirpilgern.de.