Der Paritätische Wohlfahrtsverband in Niedersachsen hat angesichts der drohenden Finanznot der Pflegeversicherung zu einer grundlegenden Reform aufgerufen. Nötig sei eine solidarische Pflegevollversicherung, die alle pflegebedingten Kosten übernehme – unabhängig davon, ob es sich um stationäre, teilstationäre oder ambulante Pflege handele, sagte die Verbandsvorsitzende Kerstin Tack am Montag in Hannover.
Zuvor hatte das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ unter Berufung auf Koalitionskreise vermeldet, dass die Pflegeversicherung bereits im kommenden Februar zahlungsunfähig sei, wenn vorher nicht eingegriffen werde. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte daraufhin angekündigt, er werde „in Kürze“ ein Finanzkonzept vorlegen, um die Pflegeversicherung auf stabilere Füße zu stellen.
Tack erläuterte, bei einer Pflegevollversicherung müssten Pflegebedürftige und ihre Angehörigen lediglich die Kosten für Unterkunft und Verpflegung selbst tragen. Zur Finanzierung sei es nötig, den gesetzlichen und den privaten Zweig der Pflegeversicherung zusammenzuführen. Aktuell schlössen privat Krankenversicherte auch eine private Pflegeversicherung ab. „Das Land Niedersachsen muss sich intensiv beim Bund dafür einsetzen, dass eine solidarische Pflegevollversicherung eingeführt wird“, sagte Tack.
Laut dem Medienbericht reicht die von den Krankenkassen bisher prognostizierte Erhöhung des Beitragssatzes um 0,2 Prozentpunkte bei der Pflegeversicherung nicht aus. In der Regierung werde vielmehr von einem Bedarf in Höhe von 0,25 bis 0,3 Prozentpunkten ausgegangen.
Das Bundesgesundheitsministerium erklärte, den Bericht des RedaktionsNetzwerks „können wir so nicht bestätigen“. Die Schwierigkeiten bei der Pflegeversicherung hätten im Wesentlichen drei Gründe. So habe die jüngste Pflegereform die Pflegebedürftigen in Heimen erheblich entlastet. Pflegekräfte bekämen höhere Löhne, und es gebe mehr Pflegebedürftige als angenommen.
Derzeit gilt in der Pflegeversicherung ein allgemeiner Beitragssatz von 3,4 Prozent. Kinderlose zahlen vier Prozent. Für Familien mit mehr als einem Kind unter 25 Jahren gibt es Abschläge. Auch in der gesetzlichen Krankenversicherung sind Beitragserhöhungen geplant. Damit könnten laut dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ die Sozialbeiträge zum Jahresanfang 2025 so stark steigen wie seit mehr als 20 Jahren nicht mehr.