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Overbeck räumt Fehler im Fall Hengsbach ein

In der Debatte um Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Franz Hengsbach hat Bischof Franz-Josef Overbeck eigene Fehler eingeräumt. Das Domkapitel entschied unterdessen, eine Statue Hengsbachs neben dem Dom zu entfernen.

Nach der Veröffentlichung von Missbrauchsvorwürfen gegen Kardinal Franz Hengsbach hat Essens Bischof Franz-Josef Overbeck eigene Versäumnisse im Umgang mit diesen Vorwürfen eingeräumt. “Ich bitte Sie nun alle um Entschuldigung für meine Fehler”, schreibt er in einem am Freitag veröffentlichten Brief an die Gemeinden seines Bistums.

Er habe 2011 durch das Erzbistum Paderborn von einem ersten Missbrauchsvorwurf gegen den Gründerbischof des Ruhrbistums erfahren, so Overbeck. Nach der Rückmeldung der römischen Kongregation für die Glaubenslehre, die diese Vorwürfe für nicht plausibel hielt, habe er nichts weiter unternommen und den Fall als bearbeitet angesehen.

Er sehe es “aus heutiger Sicht als persönlichen Fehler, nach der Mitteilung über die Bewertung der Glaubenskongregation letztlich die damals vorliegenden Beschuldigungen als erledigt anzusehen”. Dies habe dazu geführt, dass er das Forschungsteam für die im Frühjahr veröffentlichte Aufarbeitungsstudie des Bistums Essen nicht informiert habe. Ebenso wenig habe er bereits 2011 die damalige Missbrauchsbeauftragte des Bistums über den Vorwurf gegen Hengsbach informiert.

Daher habe diese im August des Jahres 2011 die Anfrage einer Behörde in einer Versorgungsangelegenheit verneint, ob dem Bistum Essen Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hengsbach bekannt seien. “Das entsprach ihrem Wissensstand und darf ihr nicht angelastet werden”, so der Bischof weiter.

Franz Hengsbach wird bisher Missbrauch in drei Fällen in den Jahren 1954 und 1967 vorgeworfen. Bekannt geworden waren die Vorwürfe im Bistum Essen 2011 und 2022. Deren Bekanntgabe am Dienstag führte zu erneuter Kritik am Umgang der katholischen Kirche damit. Neben Forderungen, nach Kardinal Hengsbach benannte Straßen und Plätze umzubenennen, gibt es Rückfragen zu Overbecks Entscheidung, noch im Oktober 2011 eine Statue Hengsbachs in der Nähe des Domes zu enthüllen.

In eine Sondersitzung entschied das Essener Domkapitel am Freitagnachmittag, die Statue in unmittelbarer Nähe des Domes entfernen zu lassen. Laut Dompropst Thomas Zander sprach sich das Domkapitel auch dafür aus, stattdessen einen Gedächtnisort für die Opfer sexuellen Missbrauchs zu schaffen. Das Domkapitel ist Hausherr des Domes und des umgebenden Platzes.

In seinem Brief an die Gemeinden des Bistums schreibt Overbeck, ihm sei deutlich geworden, dass er nach Standards damaliger Zeit handelte, die aus heutiger Sicht vollkommen ungenügend seien. Er wolle weiterhin “ein lernender Bischof sein” und “den gesamten Vorgang umfassend und unabhängig aufarbeiten lassen”. Ein Bistumssprecher bestätigte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass Overbeck nicht zurücktreten wolle.

Der Bischof will vielmehr den Kontakt zur gerade entstehenden Aufarbeitungskommission in seinem Bistum suchen sowie zu Wissenschaftlern des Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP), das die Aufarbeitungsstudie für das Ruhrbistum erstellt hat. Gleichzeitig bittet er etwaige Betroffene von Missbrauch oder Menschen, die darum wissen, sich bei den unabhängigen Ansprechpersonen der Diözese zu melden.

Am Freitagmorgen hatte der Jesuit Klaus Mertes davor gewarnt, das Abbauen von Denkmälern könne den Eindruck erwecken, “mit dem haben wir nichts zu tun”. Wichtiger sei es von einem Personenkult in Bezug auf Amtsträger loszukommen. Umgekehrt warnte Mertes, der vor 13 Jahren den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland öffentlich machte, zur Vorsicht bei der rückblickenden moralischen Beurteilung von Personen. Dies dürfe nicht zu Selbstgerechtigkeit führen.