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Ostermarsch Rhein-Ruhr: Diplomatie und Abrüstung statt Kriegsrhetorik

Die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten prägen in diesem Jahr auch den Ostermarsch Rhein-Ruhr, bei dem Anhänger der Friedensbewegung für Frieden und Abrüstung auf die Straße gehen wollen. „Aber wir demonstrieren auch gegen die Renaissance der alten militärischen Konzepte in der Außenpolitik“, sagte Sprecher Joachim Schramm am Dienstag in Essen. Statt Kriegsrhetorik und Aufrüstung brauche es eine neue Entspannungspolitik. Bundesweit sind nach Angaben des Netzwerks Friedenskooperative mehr als 100 Ostermärsche geplant. Der Friedensforscher Tobias Debiel schätzt diese Protestform nach wie vor als „enorm wichtig“ ein, mahnte aber, neue Bündnisse zu schmieden und althergebrachte Forderungen zu hinterfragen.

Der dreitägige Ostermarsch Rhein-Ruhr, einer der bundesweit größten, startet am Karsamstag in Duisburg und macht bis zum Abschluss am Ostermontag in Dortmund unter anderem Station in Köln, Essen, Gelsenkirchen, Wattenscheid, Herne und Bochum. Zu den Demonstrationen, Kundgebungen und Aktionen für Frieden haben mehr als 50 Initiativen und Organisationen aufgerufen. Es sprechen Rednerinnen und Redner aus der Friedensbewegung sowie von Gewerkschaften, Parteien, Kirchen und Migrantenorganisationen. Sie wollten auch zum Einsatz gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus aufrufen, hieß es.

Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine sieht Ostermarsch-Sprecher Schramm Deutschland in der Verantwortung, „zur Beendigung des Tötens beizutragen“. Das Leid der Menschen in dem Konflikt dürfe nicht ignoriert werden. Militärisch gebe es derzeit eine Pattsituation und es bestehe „die große Gefahr der Eskalation“, warnte der NRW-Landesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte Kriegsdienstgegner.

Angesichts der Gewalt im Nahost-Konflikt forderte Schramm die palästinensische Terrororganisation Hamas auf, ihre israelischen Geiseln freizulassen und ihre Kämpfe zu beenden. An Israel appellierte er, die Lieferung von Nahrungsmitteln und Medikamenten in den Gaza-Streifen durch die Öffnung von Grenzübergängen zu ermöglichen. Das Existenzrecht Israel sei selbstverständlich, es rechtfertige aber nicht unendliches Leid und „das Töten Zehntausender unschuldiger Menschen in Gaza“.

Scharfe Kritik äußerte Schramm an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der „mit dem Ruf nach Kriegstüchtigkeit eine verhängnisvolle Entwicklung in unserem Land angeheizt“ habe. Dass Pistorius „die Wehrpflicht reaktivieren“ und Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) „eine Art Wehrkundeunterricht an den Schulen“ einführen wolle, seien „Rückfälle in die schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges“. Statt einer „neuen Kriegsrhetorik, die die wirklichen Gefahren einer Kriegsentwicklung verharmlost“, brauche es eine Entspannungspolitik, vertrauensbildende Maßnahmen zwischen der Nato und Russland sowie die Anbahnung neuer Rüstungskontrollabkommen.

Friedensforscher Debiel sagte zur Entwicklung der Ostermärsche, grundsätzlich gehe der dezentrale Ansatz mit zahlreichen lokalen Veranstaltungen in die richtige Richtung. Allerdings drohten die Friedensaktivisten den Anschluss an die jüngeren Generationen zu verlieren: Für viele jüngere Menschen sei es aktuell „uncool“, auf Demos zu gehen, bei denen viele älter als die eigenen Eltern seien. „Um auch für Jüngere attraktiv zu sein, muss es von den Aktionen, Rede- und Kulturbeiträgen her bunter werden“ riet der Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Um jüngere Menschen zu erreichen, müsse „das Klima- und Umweltthema stärker mit Friedensfragen verbunden werden“.

Die Ostermärsche der Friedensbewegung haben eine jahrzehntealte Tradition. Die Teilnehmerzahl lag Ende der 60-er Jahre sowie im Zuge der Debatte um den sogenannten Nato-„Doppelbeschluss“ und während der Golfkriege bei mehreren hunderttausend. In den vergangenen Jahren beteiligten sich jeweils einige zehntausend Demonstranten an den Aktionen.