Im Zusammenhang mit einem als Einschüchterungsversuch empfundenen Schreiben an den SWR hat die rheinland-pfälzische CDU-Landtagsfraktion am Mittwoch Medienstaatssekretärin Heike Raab (SPD) aufgefordert, ihre Ämter abzugeben. Neben einer notwendigen Aufarbeitung der Vorgänge sei auch der Rücktritt Raabs „unausweichlich“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Gordon Schnieder in Mainz. Die CDU-Fraktion habe die Rücktrittsforderung einstimmig beschlossen. Bereits am Donnerstag wird sich Raab im Medienausschuss des Landtags zu dem Vorgang erklären.
Die CDU wolle den Vorfall auch in den SWR-Gremien thematisieren und sich auch das Antwortschreiben der SWR-Landessenderdirektorin Ulla Fiebig an Raab vorlegen lassen, kündigte Schnieder an. Der Inhalt des bereits Anfang Mai verfassten Briefes war erstmals Anfang November durch einen Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ öffentlich geworden. Raab hatte dem Korrespondenten des SWR-Hauptstadtstudios, Georg Link, darin „falsche Tatsachenbehauptungen“ vorgeworfen, mit denen die Zuschauer „in die Irre geführt“ würden. Fiebig wurde in dem Brief, der auch dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, dazu aufgerufen, zu dem Beitrag Stellung zu beziehen, abhängig von ihrer Reaktion müssten Links Äußerungen gegebenenfalls auch im Programmausschuss zur Sprache gebracht werden.
Nach einem „Drohbrief“, noch dazu auf ihrem Briefpapier als Regierungsmitglied, sei Raab untragbar, zumal sie auch bei den Verhandlungen über die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks eine wichtige Rolle spiele, sagte Schnieder: „Da sind alle Grenzen überschritten.“ Auch die AfD-Fraktion im Landtag schloss sich den Rücktrittsforderungen an. „Mit einem einfachen Rücktritt ist es in diesem Fall nicht getan“, erklärte der medienpolitische Sprecher der Landtagsfraktion, Joachim Paul. Die „weiterhin drohende Einflussnahme politischer Akteure“ auf die Berichterstattung sei mit einer einzelnen Personalentscheidung allein nicht gelöst.
Der Vorsitzende der Fraktion der Freien Wähler im Landtag, Joachim Streit, forderte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) auf, zu der „Briefkopfaffäre“ Stellung zu nehmen und sich in einer Regierungserklärung im Parlament zur Pressefreiheit zu bekennen. Die Staatssekretärin sei in der Position, „wie niemand anderes“ Einfluss auf Geschäftsführung, den Programminhalt und die Besetzung wichtiger Posten beim SWR zu nehmen, sagte Streit: „Ob Heike Raab freiwillig zurücktritt oder nicht, ist für uns nicht die Frage.“ Es gehe vielmehr um die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.
Anlass für den Unmut der Politikerin war Links kritische Einschätzung über die in der Zwischenzeit erfolgte Wiederwahl des SPD-Landesvorsitzenden Roger Lewentz. Dieser war im Zuge der Aufarbeitung der Ahrtalflut als rheinland-pfälzischer Innenminister zurückgetreten. Link hatte dazu in einem Studiogespräch erklärt: „Es dürfte bundesweit wahrscheinlich einmalig sein, dass ein Landesinnenminister, der die politische Verantwortung für die vielen Toten dieser schrecklichen Ahrkatastrophe übernehmen muss, weiterhin Landesvorsitzender seiner Partei bleibt.“
Heike Raab amtiert auch als stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende des SWR, als stellvertretende Vorsitzende des SWR-Finanzausschusses, außerdem gehört sie dem SWR-Landesrundfunkrat Rheinland-Pfalz und dem Landesprogrammausschuss an. Die Mainzer Staatskanzlei legt Wert auf die Feststellung, dass die Staatssekretärin das auch von der Landespressekonferenz scharf kritisierte Schreiben nicht als Regierungsvertreterin, sondern als SWR-Gremienmitglied verfasst habe.