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Oh komm, du Geist der Wahrheit

Ich mag den Spaziergang am frühen Morgen mit dem Hund. Bei uns im Erpetal ist es jetzt besonders schön. Eine morgendliche Welt voll Sonnenschein. Hier beginnt er zu toben. Weil das dauern kann, setze ich mich meist auf einen Baumstumpf und schaue ihm zu. Der Geruch von frischer Erde, ein Baumstumpf, ein hechelnder Hund … Wie simpel doch Glück sein kann! Solche Momente sind geschaffen zum Nachdenken (…) Von Veit Hoffmann

Von Veit Hoffmann

Ich mag den Spaziergang am frühen Morgen mit dem Hund. Bei uns im Erpetal ist es jetzt besonders schön. Eine morgendliche Welt voll Sonnenschein. Hier beginnt er zu toben. Weil das dauern kann, setze ich mich meist auf einen Baumstumpf und schaue ihm zu. Der Geruch von frischer Erde, ein Baumstumpf, ein hechelnder Hund … Wie simpel doch Glück sein kann!

Solche Momente sind geschaffen zum Nachdenken.

Hinter uns liegt das Pfingstfest. Der Geist Gottes wird ausgeschüttet. Als „Ersatz“ für den in den Himmel aufgefahrenen Christus. Guter Geist wird ausgeschüttet, doch die Welt ist voller Ungeist und Unruhe. Sie liegt in den Wehen und wartet auf die Geburt einer neuen Zeit. Auch in jenen morgendlichen Momenten, in denen ich auf dem Baumstumpf sitze … irgendwo. Es wäre leichter aufzuzählen, wo nicht.

Wie heißt es noch in dem schönen Pfingstlied? „O komm, du Geist der Wahrheit, / und kehre bei uns ein, / verbreite Licht und Klarheit, / verbanne Trug und Schein“.

Es gibt kleinen Ungeist, den auch wir Pfarrer lächelnd begleiten: Weihnachten wurde zur Geschenk-Orgie, Christi Himmelfahrt zum Krawattentag. Selbst der uralte Reformationstag, absolutes Wendedatum der Weltkultur (!), ist unglücklich verquickt mit dem Kürbis – und Gespensterfest Halloween. Manche Predigten geraten zu halbstündigen Politreden ohne jegliches Gespür für die Wünsche der Gottesdienstbesucher. Auch das ist Ungeist.

Der Wind streicht durch die Bäume. Ich gehe neben dem hechelnden Hund und denke: Seid-nett-zueinander-Botschaften sind nichts für mich. Christen müssen viel stärker ihre wirklichen Werte herausheben. Jene Botschaft, die sie konkurrenzlos macht. Andere Themen werden von anderen besser und kompetenter bedient: von den Gewerkschaften, Parteien, Greenpeace oder der Politik. Dass Pfingsten jedoch Hoffnung über den Tod hinaus gibt ist unsere Botschaft. Dass diese Welt Gottes Schöpfung ist. Dass wir nicht tiefer, als in Gottes Arme fallen können. Diese Botschaft haben die anderen nicht!

Als wir das Auto erreichen, wird mir bewusst, dass ich die Melodie des Pfingstliedes summe. Und dann kommt mir auch der weitere Text in den Sinn: „Gieß aus dein heilig Feuer, / rühr Herz und Lippen an, / dass jeglicher Getreuer / den Herrn bekennen kann“.

Wir sind gefragt! Ja, wir feiern Pfingsten und haben einen Auftrag. Wir sollten ihn freudiger verkünden.