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Nur einmal am Tag essen? – Kritik von Fachleuten

Eine extreme Diät stellen Influencer auf Social Media vor: Dabei wird nur einmal am Tag gegessen. Ernährungswissenschaftler kritisieren den Trend.

Das Intervallfasten “One Meal a day” (OMAD) – also eine Mahlzeit pro Tag – findet auf Social Media viele Anhänger. Ernährungs- und Trainingstipps von Influencern auf YouTube, Instagram oder TikTok können jedoch schwerwiegende Folgen haben, wenn dadurch Userinnen und User ein falsches Maß für sich selbst anlegen. “Nach unserer Erfahrung hat diese Art Social Media einen riesigen Einfluss auf Jugendliche”, sagt die Vorsitzende vom Bonner Zentrum für Essstörungen, Annette Bonse. Auch Studien belegten, dass Jugendliche sich leicht durch Botschaften von Influencern beeinflussen lassen – insbesondere durch Schönheitsideale.

Bonse ist Systemische Therapeutin sowie Klinische Sozialarbeiterin. Betroffene leiden zum Beispiel unter Magersucht, Bulimie oder “Binge Eating” – einer Störung, die sich durch Essattacken kennzeichnet. Diese Krankheitsbilder können durch das Nacheifern nach einem vorgegebenen Ideal verstärkt werden oder auch erst entstehen, warnt sie.

Außerdem habe “Orthorexie” in den vergangenen Jahren unter Bonses Patienten stark zugenommen. Betroffene beschäftigen sich dabei in extremer Form mit “gesunder Ernährung”. Sie entwickeln innere Listen mit erlaubten und verbotenen Lebensmitteln. Dadurch werden Ess- und Einkaufsverhalten immer zwanghafter; gemeinsames Essen ist kaum noch möglich. Des Weiteren nehme die “Bigorexie” zu: eine Sucht, bei der Körper immer definierter und muskulöser werden muss. Das Thema sei insbesondere bei Jungen äußerst präsent, aber auch bei Mädchen spiele es eine große Rolle, so Bonse.

Eine Ernährungswissenschaftlerin rät ebenfalls zur Vorsicht: “Auf längere Sicht gesehen entspricht das nicht unserer Humanphysiologie”, erklärte die Stoffwechselexpertin am Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Potsdam, Susanne Klaus. In dieser Hinsicht sei OMAD insbesondere für Ältere problematisch. Der ältere Körper neige stärker zum Abbau von Protein, welches permanent für die Muskelfunktion verbraucht wird. Werde über den gesamten Tag nicht gegessen, führe dies zu Muskelschwund, so die Ernährungswissenschaftlerin. Auch die Gesamtmenge aller Kalorien sowie aller notwendigen Nährstoffe auf einmal zu sich zu nehmen, sei heikel.

Etwas positiver sieht sie das Intervallfasten, bei dem 16 Stunden gefastet und innerhalb von acht Stunden gegessen wird. Klaus sieht hier bei gesunden Menschen, die abnehmen wollen, Vorteile gegenüber OMAD. “Das halte ich eher für längerfristig umsetzbar, aufgrund der Ernährung und auch da gemeinsames Essen sonst schwierig wird”, erklärt sie. Essen sei schließlich nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern habe eine soziale Komponente. Auch der Genuss komme zu kurz, wenn Nahrung wie bei OMAD nur “hineingefahren” würde.