Die nordrhein-westfälische Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne) hat Forderungen nach Einschränkungen des individuellen Asylrechts eine Absage erteilt. „Das Grundrecht auf Asyl ist – neben den Schutzrechten der Genfer Flüchtlingskonvention und dem europäischen Recht – eine wichtige Antwort auf die Verheerungen des 20. Jahrhunderts und auf das Versagen der Weltgemeinschaft während der NS-Zeit“, sagte sie der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Online Dienstag/Print Mittwoch). Das Recht auf Schutz vor Verfolgung sei kein Gnaden-, sondern ein Grundrecht.
„Hier steht auch Europa in einer gemeinsamen Verantwortung“, betonte sie. Das Gemeinsames Europäische Asylsystem (Geas) müsse nun schnell umgesetzt werden. Es sei vorschnell, die Wirksamkeit der Reform infrage zu stellen, bevor sie überhaupt umgesetzt ist.
Der Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, hatte gesagt, es sei falsch, am individuellen Asylrecht festzuhalten und auf positive Effekte der beschlossenen Reform des Geas zu hoffen. Er hatte stattdessen humanitäre Aufnahmen „in beachtlicher Höhe“ vorgeschlagen.
Fluchtministerin Paul sagte der „Rheinischen Post“, dass das Asylrecht nicht für alle Menschen der rechtlich passende Zugangsweg sei. „Wir brauchen eine neue, moderne Einwanderungspolitik, die klare Perspektiven und einen verlässlichen Rechtsrahmen aufzeigt.“ Auf der anderen Seite heiße das: „Am Ende rechtsstaatlicher Verfahren kann die Verpflichtung zur Ausreise stehen, wenn kein Recht auf Schutz und keine Bleibeperspektive besteht.“ Zugleich müsse irreguläre Migration reduziert werden, auch durch die Stärkung legaler Migrationswege beispielsweise für Arbeits- und Fachkräfte. Doch der Versuch, einer allein auf Abschreckung angelegten Migrationspolitik werde den Notwendigkeiten nicht gerecht.
Sommer hatte am Montagabend auf einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung gefordert, die Politik müsse „Gestaltungsmacht“ darüber erhalten, wie und in welchem Umfang Flüchtlingen geholfen werde. Der Asylrechtsparagraf aus dem Grundgesetz und die Genfer Flüchtlingskonvention, die Schutzsuchenden einen Anspruch auf ein faires Asylverfahren zusichern, „stammen aus einem anderen zeitlichen Kontext und stoßen heute an Grenzen“, sagte er.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, Kontingente seien kein wirksames alleiniges Mittel, weil es dennoch Kriegsflüchtlinge gebe. Deswegen mache das „kein einziges Land in Europa“ so, sagte Faeser und stellte klar: „Das Asylrecht steht für die SPD nicht zur Disposition.“ Die Migrationspolitik gehört bei den möglichen künftigen Koalitionären von Union und SPD zu den umstrittensten Themen auf Bundesebene.