Die Notfallseelsorgerinnen und -seelsorger in Solingen haben in der Nacht des Anschlags 56 Gespräche mit Bürginnen und Bürgern geführt. Dazu seien am Freitagabend 15 Notfallseelsorger sofort im Einsatz gewesen, sagte die Koordinatorin der Notfallseelsorge im Evangelischen Kirchenkreis Solingen, Simone Henn-Pausch, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Am Samstag und Sonntag sei ein „Vielfaches mehr“ an Gesprächen erfolgt. Zahlen dazu liegen nach Angaben von Henn-Pausch für die beiden Tage aber nicht vor.
Die evangelische Theologin ist seit 1999 Koordinatorin der Notfallseelsorge, die in Solingen vom Kirchenkreis getragen wird. 50 haupt- und ehrenamtliche Kräfte unterstützen die Arbeit. Die Notfallseelsorge in der Stadt habe in den vergangenen Jahren immer wieder wichtige Einsätze gehabt – unter anderem wegen einer Mutter, die ihre fünf Kinder getötet hatte, oder wegen eines vorsätzlich gelegten Hausbrandes, bei dem eine vierköpfige Familie starb. Der aktuelle Einsatz nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten Messerangriff mit drei Toten und acht Verletzten sei allerdings ein besonderer, da er „medial am stärksten wahrgenommen“ werde, betonte die Koordinatorin.
Aktuell schaffe man die Bewältigung der Aufgabe mit dem regulären Personalbestand, da man „ein großes Notfallseelsorgeteam aus Haupt- und Ehrenamt“ habe. Es habe aber auch Anfragen aus Nachbarstädten gegeben, die den Einsatz von eigenen Notfallseelsorgern angeboten hatten. Auf diese Unterstützung habe man bislang nicht zurückgreifen müssen. Gleichwohl tue es „total gut, zu wissen, dass es da über Solingen hinaus eine Solidarität gibt“, sagte Henn-Pausch.
Derzeit überlege man, wie man das Hilfsangebot in den kommenden Tagen gestaltet. So sei seit Anfang dieser Woche nicht mehr den ganzen Tag über jemand in der Stadtkirche vor Ort, betonte die Koordinatorin. Die Menschen sollten jetzt „wieder in ihren Alltag“ finden. Das Angebot für Gespräche werde deshalb nun auf die Zeiten des Vormittags sowie zwischen Nachmittag und frühen Abend konzentriert. „Da werden wir sehen, wie das angenommen wird und wie wir dann dieses Angebot aufrechterhalten, erweitern oder reduzieren – ja nachdem“, erläuterte sie.
Laut Henn-Pausch wenden sich Bürgerinnen und Bürger mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen und Fragen an die Notfallseelsorger. „Es gibt Leute, die kommen und brauchen ein Ohr. Die wollen erzählen, was sie erlebt haben.“ Andere wollten in ihrer „Not und Bedürftigkeit wahrgenommen werden“. Wieder andere suchten den „Schutzraum Kirche“ auf, um zur Ruhe zu kommen, eine Kerze anzünden oder zu beten. Manche wollten auch ihre Sprachlosigkeit zum Ausdruck bringen, und „es gibt Menschen, die fragen nach Gott“.