Düsseldorf (epd). Die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch in der Kirche ist nach den Worten des neuen Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, nie ausreichend. «Wir können geschehenes Leid nicht wiedergutmachen, wir können es aber anerkennen und Menschen hoffentlich helfen, damit umzugehen», sagte der Theologe, der am Samstag offiziell die Nachfolge von Manfred Rekowski
an der Spitze der rheinischen Kirche antritt, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Zum vielkritisierten Vorgehen des Erzbistums Köln, das seit Monaten ein Gutachten zu sexualisierter Gewalt im Bistum unter Verschluss hält und an diesem Donnerstag ein neu beauftragtes Gutachten vorstellt, wollte sich Latzel nicht äußern. «Meine Aufgabe ist es nicht, öffentlich Ratschläge zu erteilen, wie die katholischen
Schwestern und Brüder damit umgehen sollen», sagte er, fügte aber hinzu: «Als evangelische Kirche stehen wir eindeutig an der Seite der Betroffenen.»
In der rheinischen Landeskirche mit knapp 2,4 Millionen Mitglieder gebe es seit 2003 ein einheitliches Verfahren im Umgang mit Missbrauchsfällen, das in diesem Jahr noch einmal verschärft worden sei, erläuterte der 50-jährige Theologe. Betroffene könnten sich an eine Ansprechstelle wenden und Beratung und seelsorgerlichen Beistand erhalten. Jeder Verdachtsfall von sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendlichen müsse an eine Stelle im Landeskirchenamt gemeldet werden. Täter würden konsequent disziplinarisch und strafrechtlich verfolgt, Opfer könnten individuelle Zahlungen zur Anerkennung ihres Leids erhalten.
Latzel kündigte an, er wolle in seiner achtjährigen Amtszeit «den guten Dialog mit den fünf Bistümern, mit denen wir gemeinsam Territorien haben, weiterführen und ausbauen». Schon jetzt gebe es Zusammenarbeit etwa bei Seelsorge und Beratungsstellen, der Nutzung von Kirchengebäuden und dem konfessionell-kooperativen Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen.
«Uns katholische und evangelische Christinnen und Christen eint viel mehr, als uns trennt», unterstrich Latzel. «Deswegen wird die Zukunft der Kirchen eine ökumenische sein.» Er sehe das Verhältnis als versöhnte Verschiedenheit: «Wir schätzen und pflegen die jeweils eigene Tradition und können deshalb auch die Schönheit anderer Traditionen wertschätzen, voneinander lernen und Gemeinsamkeiten weiterentwickeln.» Auch die Deutung des Abendmahls und der
Eucharistie habe sich soweit angenähert, dass eine wechselseitige Einladung theologisch möglich sei.