In 45 Wohnungen leben 115 Personen – in sechs Häusern, die einen gemeinsamen Innenhof bilden: So sehen die Hoffnungshäuser in Schwäbisch Gmünd aus. Sie beherbergen Menschen aus mehr als zehn Nationen. „Die Idee ist, Menschen in Begegnung zu bringen, die sich normalerweise nicht ohne weiteres begegnen“, sagt Martin Schechinger. Er hat mit seiner Frau Denise die Standortleitung dieser Hoffnungshäuser übernommen, die im idyllisch gelegenen Taubental und doch mittendrin in Bahnhofsnähe stehen.
Die Mischung in diesen Häusern ist kunterbunt: vom Baby bis zum Greis, Christen, Muslime, Jesidinnen, Alleinstehende, Paare, Familien. Vier der in modularer Holzbauweise errichteten Gebäude tragen den Namen „Hoffnungshaus“ – hier leben etwa zur Hälfte Einheimische und Geflüchtete. Gegenüber befinden sich die beiden barrierefreien Häuser für die 55Plus-Generationen, „Hoffnungsblick“ genannt.
Es ist ein Geben und Nehmen, nicht nur ein diakonischer Dienst zur Integration Geflüchteter, wie Schechinger betont. „Der entscheidende Faktor ist eine wertschätzende Haltung zum Nachbarn hin. Dass alle hier mitgestalten, dass wir gemeinsam einen lebenswerten Ort entwickeln und bauen, macht den Mehrwert aus“, so der studierte Produktdesigner.
Neben den in sich abgeschlossenen Ein- bis Fünf-Zimmer-Wohnungen stehen Gemeinschaftsräume zur Verfügung, die zum Teetrinken, Kochen, Lernen, Spielen, Basteln und Werkeln einladen – spontan oder als geplante Aktion. Ein jährlicher Höhepunkt in der Adventszeit: Von Balkon zu Balkon sind Seile gespannt mit 24 Eimern, die Geschenke bergen, die eine Wohnpartie der anderen macht. Um 18 Uhr dürfen die Beschenkten sie öffnen, und alle freuen sich mit.
Seit zwei Jahren leben Serhii und Viktoriia Romanchuk im Hoffnungshaus. Dass damals extra eine andere Familie innerhalb des Hauses umzog, weil die zu jener Zeit mit dem zweiten Kind schwangere Rollstuhlfahrerin eine Erdgeschosswohnung benötigte, hat das ukrainische Ehepaar beeindruckt. „In der Ukraine gibt es nicht so viele unterschiedliche Nationen. Hier haben wir die Erfahrung gemacht, dass wir mit allen gut auskommen. Insbesondere verbindet mich mit Shirav eine Freundschaft, der kurdischer Syrer ist. Seine Mutter hat uns gleich Hilfe angeboten“, erzählt Serhii, der in der Stadt als Pfleger für Landsleute mit Behinderungen arbeitet.
Während der fünfjährige Oleg den nahegelegenen Waldkindergarten besucht, wird die zweijährige Valeriia an drei Vormittagen von Rosemarie Munz, Tagesmutter und Bewohnerin im „Hoffnungsblick“, betreut. Das verschafft der ukrainischen Mutter Freiräume, um online an Deutschkursen sowie einer Ausbildung zur Ergotherapeutin teilzunehmen.
Auf der Suche nach einer Bleibe im Ruhestand stieß Edwin Kasnitz in einem Drogeriemagazin auf einen Artikel über das Konzept der Hoffnungshäuser, von denen es auf Initiative der 2013 gegründeten Hoffnungsträger-Stiftung mittlerweile 33 an elf Standorten gibt. „Das hat mich total angesprochen“, erzählt der gelernte Krankenpfleger. „Ich habe mich schon immer für Menschen aus anderen Ländern interessiert. Es macht mir große Freude, mich freiwillig hier einzubringen, Sprachkenntnisse zu vermitteln, in Gemeinschaftsprojekten das Wohnumfeld gärtnerisch zu gestalten. In Gmünd hat mich besonders die Architektur mit dem Innenhof angesprochen. Inspiriert haben mich auch ältere Mitbewohner im ‘Hoffnungsblick’ wie Dietmar, der mit 87 vital und vielseitig interessiert ist“, so der gebürtige Pole Kasnitz.
„Andere Leute gehen in andere Länder – ich bin halt in Gmünd und kann dort das Gleiche machen“, freut sich Miriam Reichart, die sich nach dem Abi für einen Bundesfreiwilligendienst im Hoffnungshaus entschieden hat. Dort lebt sie mit anderen jungen Leuten in einer WG. Es sei eine sehr schöne Gemeinschaft, sagt die 20-Jährige, die unter anderem die Hausaufgabenbetreuung auf der „Lerninsel“ mitgestaltet.
Zum Konzept der vom christlichen Menschenbild geprägten Einrichtung gehören auch Events für die Öffentlichkeit – mindestens einmal im Jahr, erklärt Denise Schechinger. So gestalteten zahlreiche Bewohnerinnen und Bewohner Häuserkulissen anhand persönlicher Erinnerungsorte für das Schattenspiel im Innenhof. Gezeigt wurde das beim internationalen Schattentheater-Festival Schwäbisch Gmünd im vergangenen Oktober. 250 externe Gäste verfolgten das Spiel von den Balkonen aus oder beteiligten sich selbst daran. (0140/22.01.2025)