Am Mittwoch (4. Oktober) nimmt die Weltsynode in Rom ihre Arbeit auf. Die einen sprechen von einer “Super-Synode”, andere warnen vor Irrlehren. Streit ist absehbar. Und: Zum ersten Mal dürfen Frauen mit abstimmen.
Das vielleicht wichtigste kirchenpolitische Projekt von Papst Franziskus steuert auf einen ersten Höhepunkt zu: Wenn am Mittwoch (4. Oktober) 464 Teilnehmer der Weltsynode ihre Arbeit aufnehmen, geht es um die Kirche der Zukunft – und wohl auch um die Zukunft der Kirche. Vier Wochen werden sie in der vatikanischen Audienzhalle im Vatikan debattieren. Dass es zu Auseinandersetzungen kommt, gilt als ausgemacht.
Im Kern geht es um eine Art neue Verfassung für die Kirche, die dem “Volk Gottes” mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten eröffnen soll. Und dann geht es auch um einige heiße Eisen, etwa den Umgang der Kirche mit Angehörigen sexueller Minderheiten. Eine “offene Kirche für alle” ist das erklärte Ziel des Papstes.
Schon die Zusammensetzung der Synode hat es in sich: Zum ersten Mal darf eine größere Zahl von Laien bei einer Bischofssynode mit abstimmen – darunter auch Frauen. Und Befürworter einer Öffnung für Schwule und Lesben wurden eigens vom Papst als Teilnehmer berufen.
Konservative und traditionalistische Kreise laufen Sturm gegen das Projekt, bevor es überhaupt begonnen hat. Sie sprechen von drohenden Häresien, also Abweichungen von der überlieferten Lehre der Kirche; diese solle scheibchenweise geändert werden. Eine Kirchenspaltung oder gar der Untergang der Kirche werden als mögliche Folge beschworen. Immer wieder zeigen Konservative warnend nach Deutschland: Dort träten auch deshalb so viele Menschen aus der Kirche aus, weil der Reformprozess Synodaler Weg die Lehre radikal verändere.
Solch alarmistische Behauptungen weisen Franziskus und seine Synoden-Beauftragten zurück. Hinter der Warnung, die Kirchenlehre würde angegriffen, steckten in Wahrheit Ideologien, sagte der Papst kürzlich auf dem Rückflug von seiner Mongolei-Reise. Und: “Bei der Synode ist kein Platz für Ideologien.” Stattdessen forderte er Dialog und eine lebendige Auseinandersetzung mit der Kirchenlehre.
Zur Strategie des Synodensekretariats unter Kardinal Mario Grech gehört, immer wieder das eigentliche Thema der Versammlung in Erinnerung zu rufen: Es handelt sich um eine “Synode über Synodalität”. Die hierarchisch aufgebaute Institution Kirche soll sich also darüber Gedanken machen, wie sie in Zukunft debattieren und Entscheidungen treffen will.
Um die neuen Umgangsformen gleich einzuüben, stellte Franziskus der Bischofssynode einen umfassenden Befragungs- und Beratungsprozess in mehreren Etappen voran. Katholikinnen und Katholiken auf der ganzen Welt haben sich beteiligt. Dabei stellte sich heraus, dass Fragen etwa nach der Rolle von Frauen in der Kirche in vielen Teilen der Erde – nicht nur in Deutschland – relevant sind.
Zusammengetragen sind die Ergebnisse dieses Prozesses im “Instrumentum laboris”, dem Arbeitspapier der Versammlung. Der Startschuss für das Treffen im Vatikan ist offiziell am Samstag (30. September) bei einem ökumenischen Gebetsabend auf dem Petersplatz gefallen.
Dann folgen Exerzitien, also geistliche Übungen, am Rande Roms, bevor am Mittwoch eine feierliche Messe im Petersdom die Arbeitsphase einläutet. Die Diskussionen finden mal im Plenum, mal in Kleingruppen statt. Diskutiert wird in fünf Sprachen – aber nicht auf Deutsch und auch nicht auf Polnisch. Die offiziellen Sprachen sind Italienisch, Englisch, Französisch, Spanisch und Portugiesisch. Das war bei früheren Bischofssynoden anders.
Den Überblick über die Debatten behält der vielsprachige Inhalte-Koordinator, Kardinal Jean-Claude Hollerich aus Luxemburg. Am Ende soll es einen zusammenfassenden Bericht geben, der aber nur ein Zwischenschritt ist. Die Synodalen kommen nämlich zu einer zweiten Runde im Oktober 2024 zusammen. Erst dann stimmen sie über konkrete Vorschläge ab, die sie dem Papst zur finalen Entscheidung vorlegen.
Der Prozess ist kompliziert und langwierig. Die italienische Zeitung “Il Messaggero” spricht von einer “Super-Synode”. Einen historischen Vergleich zog der thailändische Kardinal Francis Xavier Kriengsak Kovitvanit. “Meiner Ansicht nach ist das ein drittes Vatikanisches Konzil in Häppchen”, sagte er der Zeitung.
Am Ende des Zweiten Vatikanums (1962-1965) standen tiefgreifende Reformen und eine Öffnung der Kirche für die Moderne gegen Ende des 20. Jahrhunderts. Obwohl es sich beim bevorstehenden Treffen “nur” um eine Bischofssynode handelt, lässt die Umschreibung des Erzbischofs von Bangkok aufhorchen. Auch beim legendär gewordenen Zweiten Vatikanum ging es schlussendlich um die Zukunft der Kirche.