Der Sommer steht vor der Tür, und damit der große Schwung an Insel-Gästen. Überwiegt die Freude oder das Stöhnen über die Touristen?
Die Touristen gehören dazu, man kann die Insel nicht ohne Gäste haben. Klar, zu gewissen Zeiten kann es auch mal anstrengend werden, wenn etwa das Party-Publikum verstärkt auftritt. Aber die Vielfalt unter den Gästen ist groß. Und wir als Kirchengemeinde profitieren ja auch vom Tourismus.
Nämlich wie?
Wir haben 2000 Gemeindeglieder, aber wegen der vielen Gäste, die an unseren Gottesdiensten und Veranstaltungen teilnehmen, sind wir eigentlich für viel mehr Menschen da und können zum Beispiel eine sehr gute Kantorin anstellen – auch dank eines Fördervereins, einer Stiftung und Spenden.
Wie viele Gäste kommen denn?
In den Gottesdiensten haben wir 20 Prozent Insulaner, 80 Prozent Gäste. Das ist das ganze Jahr über so. Bis auf Ende November oder den Januar, das ist die Zeit, in der deutlich weniger Gäste auf der Insel sind.

Die Kirchen klagen über zurückgehendes Interesse und mangelnden Zuspruch. Wie erleben Sie das?
Für unsere Gemeinde kann ich das nicht feststellen. Vielleicht kommen nicht mehr ganz so viele junge Leute. Vor 25 Jahren liefen noch Gute-Nacht-Geschichten für Kinder erfolgreich; diese Zeiten sind vorbei. Aber der Zuspruch im mittleren und höheren Alter ist geblieben. Vor allem die kurzen geistlichen Angebote werden wahrgenommen, etwa Andachten oder der Gute-Nacht-Segen. Und wir haben einen richtigen Publikums-Liebling im Angebot.
Was genau?
Das Format „Mein Wunsch-Choral“. An jedem Donnerstagmittag in der Saison können Besucherinnen und Besucher am Eingang der Kirche ihr Lieblingslied aus dem Gesangbuch nennen. Zehn davon spielt unsere Kantorin Gudrun Fliegner. Dazu gibt sie interessante Hintergrund-Informationen, improvisiert über die Melodie. Das Ganze dauert 40 Minuten.
Sie haben noch reichlich weitere Angebote im Programm.
Neben Gottesdiensten und Andachten haben wir eine starke kulturelle Arbeit. Konzerte zum Zuhören, aber auch Möglichkeiten zum Mitmachen. Etwa für Sänger und Chöre. Da kann man sich bei der Kantorin erkundigen. Frau Fliegner bietet auch eine Gospelwoche an. Das ist ein Workshop, bei dem ein Projekt-Chor entsteht, der am Ende ein Konzert gibt. Ähnliches gibt es als Bläser-Wochenende. Dazu kommen ökumenische Spaziergänge mit Informationen über die Insel und ihre vier Kirchen, Vorträge. Die Gemeinde bietet viel Abwechslung, auch durch die Kurseelsorgerinnen und -seelsorger, die regelmäßig Dienst tun.
Was sind Ihre Lieblings-Orte auf der Insel?
Mir gefällt vor allem die Vielfalt. Norderney hat einen Stadtkern, der sich richtig wie „Stadt“ anfühlt. Das Ostland dagegen ist ruhig und abgeschieden. Da findet man Entspannung und Frieden.
Viele Menschen träumen davon, ihren Urlaub auf der Insel zu verbringen. Sie auch?
Gerne Insel, aber woanders. (lacht.) Im Winter sind wir ab und zu auf den Kanaren, um der Kälte entkommen. Manchmal fahren wir zum Urlaub in die Berge. Mir als gebürtigem Bayer fehlen die hier manchmal schon. Das geht aber auch vielen Insulanern so.