Zeitzeugen schwinden und den Gang in Museen und Gedenkstätten überlässt die junge Generation lieber den Älteren. Erinnerung mit Hilfe von Games moderner zu gestalten, zeigt jetzt die Gamescom.
Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, Olaf Zimmermann, plädiert dafür, Games als Mosaikstein des gesellschaftlichen Erinnerns zu nutzen. Der Gamingbereich sei ein massenkulturelles Format, ähnlich wie Literatur und bildende Kunst, sagte er auf der Gamescom am Donnerstag in Köln. In dem Zusammenhang sollte die Frage gestellt werden: “Wie wollen wir uns erinnern und welche Konsequenzen wollen wir aus dem Erinnern zielen?”
Bildung in Spiele einzubauen ist ein altes Phänomen, wie eine Veranstaltung bei der weltgrößten Messe für Videospiele verdeutlichte. Schon der jüdische Künstler Oswald Poeck entwickelte demnach 1943 eine Monopoly-Variante, die den Alltag im Ghetto Theresienstadt widerspiegeln sollte. Die Stiftung Digitale Spielekultur widmete sich gemeinsam mit dem Kulturrat im Projektjahr “Let’s remember” nun dem Thema. Dabei befassten sich die Akteure mit den Einsatzmöglichkeiten von Games an Lern- und Gedenkorten, mit dem Schwerpunkt auf der NS-Zeit. In einer Datenbank der Stiftung Digitale Spielekultur finden Interessierte nun von einer Redaktion bewertete Games, die für die Erinnerungskultur relevant sind.
Projektleiter Christian Huberts stellte heraus, dass die Games nicht nur an Gedenkorten, sondern auch in Schulen und offen für alle im Internet zugänglich sein sollten. Bildende Spiele, sogenannte Serious Games, seien viel besser geworden, der Ruf hänge dem noch hinterher. Zudem wünsche er sich, dass sich Spielende stärker für inhaltlich gehaltvolle Games einsetzten. So könne beim Spielentwickler eingefordert werden, dass man beispielsweise nach einem Game, das in Afrika spielt, auch etwas über das Land gelernt haben will.
Zimmermann verwies auf den Vorteil von Bildung, die im Alltag unterschwellig mitläuft: “Man hat etwas für sich gelernt, ohne dass man das Gefühl hat, dass man etwas gelernt hat.”
Die Direktorin der Bildungsstätte Anne Frank, Deborah Schnabel, ermutigte Gedenkstätten, vermehrt Games einzusetzen. Bei ihrer historischen Bildungsarbeit könnten sie auf konventionellem Weg nicht jeden erreichen. Wer nicht eigenständig motiviert sei, sich mit solchen Themen zu befassen, könne vielleicht online Zugang zu den Themen finden. In den Sozialen Medien oder bei bildenden Games würden die Grenzen zwischen Unterhaltung und Information verschwimmen. Damit seien es Wege, Neues über Spannung und Humor emotional zu verarbeiten. “Das sollten wir unbedingt auch auf historisch politische Bildung übertragen”, sagte Schnabel.