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Karnevalssängerin für Kostümfreiheit und “Meteinander”

Sie kommt vom Gospel und hat sich in die kölsche Sprache verliebt – Marie Engenemben macht mit ihrer Band afro-kölsche Musik: “Das ist gelebte Gewaltprävention.” In Sachen Kostümierung hält sie nichts von Verboten.

Die Kölner Karnevals- und Gospelsängerin Marie Enganemben hält die Debatte über diskriminierende Karnevalskostüme für übertrieben. “Karneval ist dafür da, dass jeder der sein kann, der er will”, sagt die 44-jährige Sängerin, die mit der Band Marie afro-kölsche Musik auf die Bühnen bringt.

Der Sinn von Karneval sei das Verkleiden. Kostümierungen als “Indianer” oder das “Blackfacing” zu verbieten, sei deshalb nicht richtig. “Wo führt das hin?”, fragt Enganemben, die in Kamerun geboren wurde, in Bonn aufwuchs und heute in Köln lebt. Wichtiger als Kostüm-Verbote sei es, miteinander ins Gespräch zu kommen und sich miteinander zu beschäftigen. “Dann findet man schon heraus, ob jemand wirklich rassistisch ist.”

Enganemben hat 2015 mit der Kölner Erfolgsband Bläck Föss erstmals den Hit “Unsere Stammbaum” gesungen. Darin geht es um Toleranz und das Zusammenleben verschiedener Nationen. Damals hat sich die Sängerin in die kölsche Sprache “verschossen”, berichtet sie. Seit einigen Jahren macht sie mit ihrer eigenen Band Musik, die die kölsche Sprache und afrikanische Rhythmen vereint. Sie sagt: “Wenn ich singe, vergessen die Leute, dass ich schwarz bin.” Das sei eine Form von Gewaltprävention. Damit kennt Enganemben sich aus: Neben ihrer Gesangskarriere arbeitet sie auch als Pädagogin für Gewaltprävention.

Musik macht Enganemben, seit sie denken kann. “Ich habe schon immer gesungen”, berichtet sie – vor allem im Gospelchor. 2011 gründete sie ihre eigene Gospelschule “Na Moulema”, was auf Bantu “Mit dem Herzen heißt”. “Als Gospelsängerin habe ich immer eine Botschaft”, erklärt Enganemben. Das sei wie beim Karneval, bei dem es häufig um den Zusammenhalt gehe. “Wenn ich Lieder wie “Et jitt kein Wood” singe, transportiere ich den Inhalt noch einmal anders”, ist Enganemben überzeugt. “Ich bin hier als dunkelhäutige Frau zuhause.”

Allerdings hat sie seit der Band-Gründung im Jahr 2019 nicht nur gute Erfahrungen gemacht. Bei einem Auftritt im gleichen Jahr wurde sie etwa als “Et Marie” angekündigt – das Publikum hatte daraufhin offenbar eine blonde, weiße Frau erwartet. Die Irritation sei deutlich spürbar gewesen, berichtet Enganemben. Sie reagierte schlagfertig: Sie sei die Et Marie mit den Schokoladenseiten. “Das hört sich witzig an, aber das war es für mich nicht”, erinnert sich die 44-Jährige. Als Deeskalationstrainerin könne sie in solchen Situationen aber reagieren.

Trotz solcher Erfahrungen liebt Enganemben den Karneval; mit ihren Liedern will sie Lebensfreude vermitteln. “Und ich will Menschen daran erinnern, dass wir Menschen sind und wir uns gegenseitig brauchen.” Einer der Sessionstitel ihrer Band heißt entsprechend “Meteinander”, Enganemben hat das Lied selbst geschrieben. Seit der Bandgründung hat diese ein Repertoire an eigenen Songs aufgebaut, das sie rund um die Frontfrau mit Schlagzeug, Bass, Gitarre, Klavier und Saxofon auf die Bühne bringt.

Aktuell ist die Band “Marie” für einige Auftritte gebucht. “Es dürften aber ruhig mehr sein”, sagt Enganemben, die feststellt, dass sich mit der Corona-Pandemie auch viele Strukturen im Karneval verändert haben. So seien etwa längst nicht mehr alle Veranstaltungen ausgebucht. “Und die Leute halten ihr Geld mehr zusammen”, sagt Engamemben. Sie selbst habe dieser Tage das Bedürfnis, mit anderen Menschen zusammenzurücken: “Wir müssen zusammenhalten und dürfen uns nicht spalten lassen.”

Zu sehen ist Marie Enganemben das nächste Mal mit ihrem Gospelchor am 21. März in der Kölner Stadthalle.