Die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Kerstin Claus, hat die beiden großen Kirchen aufgefordert, „einen kirchengesetzlichen Rahmen für Aufarbeitung“ zu schaffen. Claus sagte dem in Berlin erscheinenden evangelischen Magazin „zeitzeichen“: „Das ist wichtig, da der Staat hier keine Durchgriffsrechte hat.“
Der Ruf nach dem Staat, der seitens der Kirchen immer wieder laut werde, wenn es für betroffene Menschen um die individuelle Aufarbeitung ihrer Erfahrungen in der Kirche gehe, „ist letztlich eher ein Ablenkungsmanöver“, kritisierte Claus. „Denn es sind die Kirchen selbst, die in die Verantwortung gehen und innerkirchlich regeln müssen, wie Betroffenen eine umfassende Aufarbeitung ermöglicht werden kann.“
Claus äußerte sich vor dem Hintergrund des Anti-Missbrauchsgesetzes, das in diesem Herbst in den Bundestag kommen soll. Das Bundeskabinett hat den Regierungsentwurf von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) Mitte Juni auf den Weg gebracht. Er sieht vor, betroffenen Erwachsene im Umgang mit Behörden zu unterstützen und ihnen die Akteneinsicht zu ermöglichen, damit sie nachvollziehen können, was etwa Jugendämter über ihren Fall wussten und unternommen oder unterlassen haben.
Außerdem ist vorgesehen, das Amt der Missbrauchsbeauftragten, den Betroffenenrat sowie die unabhängig arbeitende Aufarbeitungskommission aufzuwerten. Sie sollen gesetzlich verankert werden und künftig regelmäßig dem Bundestag und der Regierung berichten. Ziel ist es, das Wissen über sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche zu erweitern und Handlungsempfehlungen ableiten zu können.