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Miniserie über private und politische Wirren im Ersten Weltkrieg

In der neutralen Schweiz gerät eine Krankenschwester im Winter 1917 in die Mühlen der Weltgeschichte. Um ihre privaten Ambitionen zu verwirklichen, spioniert sie für das deutsche Kaiserreich die Pläne der Entente aus.

Johanna Gabathuler (Dominique Devenport) kehrt zum Entsetzen ihrer Eltern (Anna Schinz, Hanspeter Müller Drossaart) hochschwanger vom Einsatz als Krankenschwester von der Westfront zurück. Der Vater des Kindes ist unbekannt und bleibt es auch. Um die Ehre ihrer Tochter zu retten, vertuschen Johannas Eltern die Entbindung. Das kleine Mädchen wird bei einer Bauernfamilie untergebracht.

Nach dem Willen der Eltern soll Johanna den Politiker Thanner (Sven Schelker) heiraten, der verspricht, das hoch verschuldete Kurhaus der Familie zu retten. Er gibt seiner künftigen Frau unmissverständlich zu verstehen, dass es nach der Eheschließung mit ihrer Berufsausübung vorbei sein wird. Johanna behagt dieser Gedanke überhaupt nicht. Das bleibt auch dem Arzt Dr. Mangold (David Kross) nicht verborgen.

Der Kampf Johannas mit den Zwängen in ihrem Privatleben ist nur ein Handlungsstrang in der sechsteiligen Eventserie “Davos 1917”, die – wie der Titel schon verrät – in die neutrale Schweiz während des Ersten Weltkriegs führt. Jan-Eric Mack, Anca Miruna Lazarescu und Christian Theede inszenierten sie nach Büchern von Adrian Illien, Thomas Hess, Julia Penner und Michael Sauter. Das Erste strahlt jeweils drei Episoden mit rund 50 Minuten Länge hintereinander aus: am Mittwoch, den 20. Dezember sowie am Donnerstag, den 21. Dezember jeweils ab 20.15 Uhr.

Johanna wird zur Komplizin der Gräfin Ilse von Hausner (Jeanette Hain), die ihre Tuberkulose im Kurhaus auskuriert. Johanna soll für sie die Pläne der Entente bei britischen Offizieren ausspionieren, die in dem mondänen Kurort abgestiegen sind. Die Deutschen fürchten nach dem politischen Seitenwechsel Italiens, das sich den Kriegsgegnern des Reiches angeschlossen hatte, den Kriegseintritt der USA und die Landung von deren Truppen auf der Apennin-Halbinsel. Dann müssten sie ihrem Verbündeten Österreich-Ungarn bei den Kämpfen mit Italien in den Alpen zur Seite stehen. Eine dritte Front entstände.

Doch schon der Zweifrontenkrieg – gegen Russland im Osten und gegen Frankreich und Großbritannien im Westen – übersteigt die eigenen Mittel. Um die Kämpfe an der Ostfront zu beenden, kennt der deutsche Kaiser keine Verwandten. Er verhandelt mit den russischen Kommunisten, damit Lenin aus der Schweiz in seine Heimat zurückkehren und einen Putsch gegen den Zar anzetteln kann.

Vor diesem Hintergrund agieren von Hausner und ihre Mitverschwörer. Mit dem Versprechen, ihr eine neue Identität zu verschaffen und ihr die Flucht mit ihrem Kind zu ermöglichen, wirbt sie Johanna an. Diese erweist auch als Spionin viel Geschick und beschafft wichtige Informationen. Sie verdrängt die Gefahr, von den skrupellosen Deutschen nach der Erledigung ihrer Aufträge liquidiert zu werden – aber auch die, für lange Zeit wegen Landesverrats in Schweizer Gefängnissen zu landen. Sie ahnt allerdings nicht, dass sie mit ihren Schnüffeleien den geheimen Aktivitäten von Dr. Mangold in die Quere kommt, was die Zuneigung der beiden füreinander auf eine harte Probe stellen wird.

Der Sechsteiler greift das erfolgreiche Rezept der historischen Event-Serien des deutschen Fernsehens auf, das sich seit “Tanz mit dem Teufel – Die Entführung des Richard Oetker” und “Der Tunnel” zigfach bewährt hat. Wie meist steht eine selbstbewusste Frau im Zentrum, die ums eigene Überleben kämpft und sich zwischen zwei Männern entscheiden muss. Die Variation des Bewährten muss aber nicht schlecht sein, wie die Filme beweisen.

Dramaturgisch überzeugend sind die einzelnen Handlungsstränge miteinander verzahnt; jede Handlung löst logische Reaktionen aus. Etwas mehr Überraschungen hätten es aber schon sein dürfen. Durch das große Ensemble und die vielen Handlungsstränge haben nur Dominique Devenport und Jeanette Hain wirklich die Chance, ihren Figuren Tiefe zu geben. Und das tun sie großartig und überzeugend.