Lange hat Friedrich Merz auf diesen Moment hingearbeitet: Der Jurist möchte in das Kanzleramt einziehen. Aktuell sieht es in den Umfragen nicht schlecht für ihn aus, doch gewählt wird erst am 23. Februar.
Kochen und Fotografie – vor allem Naturbilder. Das interessiert Friedrich Merz, wenn er nicht im Dienst ist. Derzeit dürfte das selten der Fall sein. Denn der CDU-Politiker hat ein großes und ehrgeiziges Projekt: Er möchte Bundeskanzler werden.
Merz als Nachfolger von Angela Merkel? Auch weil sie beide den Spitzenplatz in ihrer Partei anstrebten, den Merkel schließlich eroberte, wurden sie keine Freunde. Während Merkel Erfahrungen aus der DDR mitbrachte und stets als bodenständig galt, verkörpert Merz, der weiterhin mit seiner Frau im Sauerland lebt, für viele das Gegenteil.
Er hat eine erfolgreiche Anwaltskarriere hingelegt, nach eigenen Angaben Millionen beim Finanzriesen Blackrock und in anderen Aufsichtsräten verdient und fliegt als leidenschaftlicher Pilot schon mal mit dem Privatjet zu semi-privaten Veranstaltungen wie Politiker-Hochzeiten.
Über Jahre verschwand Merz gar aus dem Berliner Politikbetrieb. Um dann, sobald Merkels Abschied offenkundig war, wieder auf der Bühne zu erscheinen. Die Rechnung ging auf. Oder wie CSU-Chef Markus Söder im Januar bei einer Pressekonferenz sagte: “Man muss nur lang genug kandidieren.” Während Merz 2018 und Anfang 2021 ohne Erfolg nach dem Parteivorsitz griff, klappte es beim CDU-Mitgliederentscheid Ende 2021. Seit Anfang 2022 steht der Jurist an der Spitze der Partei.
Geboren wurde Merz am 11. November 1955 in Brilon im Sauerland, wo er aufwuchs und zur Schule ging. Bereits als Gymnasiast trat er in die CDU ein. 1975 machte er Abitur, gefolgt vom Wehrdienst und einem anschließenden Jura-Studium in Bonn und Marburg, inklusive Mitgliedschaft in Deutschlands ältester katholischer Studentenverbindung in Bonn. Nach seinem Referendariat am Gericht arbeitete Merz als Anwalt. Derzeit ruhen seine Tätigkeit und Anwaltszulassung. Auch seinen Vorsitz im deutschen Blackrock-Aufsichtsrat gab er für die Politik 2020 wieder auf.
Seine politisch sichtbare Karriere begann er als Abgeordneter im EU-Parlament. 1994 zog er in den Bundestag ein und blieb dort zunächst bis 2009. Insbesondere in der Krisenzeit der CDU rund um die Aufarbeitung der Spendenaffäre von Ex-Kanzler Helmut Kohl war es Merz, der mit seiner größten Konkurrentin Angela Merkel eine Art Reform-Duo bildete – für wenige Jahre.
Merz, Vater dreier erwachsener Kinder und inzwischen auch Großvater, machte sich dabei über die Jahre einen Namen als Vertreter konservativer Werte etwa bei Fragen der deutschen Leitkultur, Familienpolitik und Bioethik. Unter Kanzler Gerhard Schröder (SPD) trieb er in der Opposition die Steuerreform voran und machte mit der geplanten “Steuererklärung auf dem Bierdeckel” Furore.
Doch das Steuerkonzept hielt nicht. Als ihn dann Merkel auf den zweiten Platz verwies und den Fraktionsvorsitz für sich beanspruchte, zog Merz sich aus der Fraktions- und Parteiführung zurück. 2008 kündigte er sein finales Ausscheiden aus der Politik an.
Wirklich weg war er nicht. Als Redner, Autor und in Talkshows blieb er politisch präsent – bis das Türchen zur Rückkehr in die Politik inklusive Kanzlerkandidatur wieder aufging. Seither buhlt er um die Wählerschaft – oft offensiv und polarisierend. Nicht immer mit Erfolg, zumal insbesondere Frauen sein Auftreten und seine Positionen kritisch sehen. Seine bisweilen harte Linie etwa bei der Migration macht es auch für die Kirchen nicht ganz einfach, mit dem Katholiken Merz tiefer ins Gespräch zu kommen.
“So fremd wie unter Merz/Merkel war also die CDU den Kirchen lange nicht”, schreibt der Journalist Volker Resing in seiner jüngst veröffentlichten Merz-Biografie. Doch Merz habe sich darum bemüht, dass das Christliche im Namen nicht verloren gehe. Eine These, die Söder bei der Buchvorstellung auf Nachfrage bestätigt: Es drohe kein Verlust des Christlichen unter Merz.