Nach israelischen Menschenrechtlern und mehreren Medien kritisiert nun auch Amnesty International die Haftbedingungen für Palästinenser aus Gaza. Von Isolationshaft über Folter reichen die Vorwürfe gegen Israel.
Gefoltert, isoliert, ohne Rechtsbeistand: Das sind die Vorwürfe, die Amnesty International gegen Israel erhebt. Das Land soll gefangene Palästinenser aus dem Gazastreifen ohne Kontakt zu ihren Familien oder Anwälten und in brutalen und unmenschlichen Bedingungen gefangen halten, heißt es in einer Veröffentlichung der Menschenrechtsorganisation von Donnerstag. Sie fordert ein Ende der gegenwärtigen israelischen Praxis, die “in eklatanter Weise gegen internationales Recht verstößt”.
Amnesty befragte 27 ehemalige palästinensische Gefangene, die unter das israelische Gesetz über “ungesetzliche Kämpfer” von 2002 fallen. Es gibt der israelischen Armee weitreichende Befugnisse, verdächtige Palästinenser aus dem Gazastreifen ohne Beweise in Sicherheitshaft zu nehmen. Dabei ist laut Bericht in den ersten 45 Tagen nach Festnahme kein Haftbefehl nötig.
Die Befragten, darunter ein 14-jähriger Junge und fünf Frauen, haben laut Amnesty während der Haft Folter und grausame Behandlung erlitten. Bis zu viereinhalb Monaten sei ihnen der Zugang zum Rechtsbeistand oder der Kontakt zu ihren Familien verweigert worden. Folterspuren bei acht Befragten sowie die medizinischen Berichte von zwei Gefangenen bestätigten die Schilderungen, so Amnesty.
Amnesty fordert die Abschaffung des entsprechenden Gesetzes, die humane Behandlung aller Gefangenen, einschließlich mutmaßlicher Mitglieder bewaffneter Gruppen, sowie Zugang zu Anwälten und Gruppen wie dem Roten Kreuz. Zivilisten, die ohne Anklage oder Verfahren festgehalten werden, seien unverzüglich freizulassen.
Nach dem Gesetz über ungesetzliche Kämpfer waren am 1. Juli rund 1.400 Palästinenser inhaftiert, so Amnesty unter Verweis auf Zahlen des israelischen Gefängnisdienstes. Zu den an verschiedenen Orten in Gaza Festgenommenen gehören demnach Ärzte, Menschenrechtsverteidiger, UN-Mitarbeiter und Journalisten.
Besonders harte Haftbedingungen schilderten laut der Organisation Gefangene, die im Militärgefangenenlager Sde Teiman nahe der Stadt Beerscheba festgehalten wurden. Die Berichte deckten sich mit Schilderungen anderer Organisationen.
Israelische Menschenrechtler hatten im Mai beim obersten Gericht die Schließung des Lagers gefordert, in dem es zu schweren Misshandlungen palästinensischer Sicherheitsgefangener durch das Lagerpersonal kommen soll. Dies und die schlechten Haftbedingungen könnten ein Kriegsverbrechen darstellen, argumentierten sie.
In einer einstweiligen Verfügung gab das Gericht dem Staat Israel laut Medienberichten bis zum 25. Juli Zeit, zu erklären, warum der Betrieb der Einrichtung nicht von der “Einhaltung der im Gesetz über die Inhaftierung illegaler Kämpfer festgelegten Bedingungen” abhängig gemacht werden sollte. Die Beweislast liegt damit nun beim Staat.
Anfang Juli sollen nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft noch rund 166 von ursprünglich 1.400 inhaftierten Kämpfern in Sde Teiman gewesen sein, so ein Bericht der Zeitung “Times of Israel” (15. Juli).
Wiederholt hatten israelische und internationale Medien über die Haftbedingungen in Sde Teiman berichtet. So sollen Gefangene über weite Teile des Tages mit verbundenen Augen und Handschellen gehalten werden. Durch die Handschellen soll es wiederholt zu Verletzungen gekommen sein, die chirurgische Eingriffe bis hin zu Amputationen nötig gemacht hätten.
Anfang Mai hatte die Armee auf Anfrage der “New York Times” “Behauptungen über systematische Misshandlungen von Gefangenen” zurückgewiesen. Missbrauch von Gefangenen während der Inhaftierung oder des Verhörs verstoße gegen das Gesetz und die Armeerichtlinien. Im Juni berichteten Medien, die Armee untersuche 48 Todesfälle von palästinensischen Gefangenen in israelischen Gefängnissen, 36 davon in Sde Teiman.