Im brasilianischen Bundesstaat Sao Paulo eskaliert die Polizeigewalt. Mehr als 700 Tote zählen Menschenrechtler im laufenden Jahr. Zwei besonders krasse Fälle sorgen nun für landesweite Debatten.
Zwei Videos, die Polizeigewalt in Sao Paulo zeigen, schocken derzeit Brasilien. In dem einen Video wird laut Medienberichten von Dienstag (Ortszeit) ein Mann von einem Polizisten von einer Brücke gestoßen, in dem anderen erschießt ein Polizist einen jungen Mann, der in einem Supermarkt Seife geklaut hat. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch fordert nun die Behörden auf, die Fälle zu untersuchen.
“Diese zwei Fälle erregten Aufmerksamkeit, weil es die Videoaufnahmen gibt”, erklärte Human Rights Watch Brasilien. “Aber es sind keine Einzelfälle. Seit 2023 nehmen Tötungen durch die Polizei in Sao Paulo stark zu.” Die Menschenrechtler reagieren damit auf die Behauptung des Sicherheitssekretärs des Bundesstaates Sao Paulo, Guilherme Derrite, dass es sich bei den Fällen um Ausnahmen handele. Die Täter würden mit aller Härte bestraft werden, versprach Derrite.
Das erste Video zeigt, wie vier Polizisten ein Motorrad in einem Vorort von Sao Paulo stoppen. Kurz darauf wird der Fahrer von einem der Polizisten über das Brückengeländer geschmissen. Bisher ist unklar, ob der Mann den Sturz überlebte. Im zweiten Fall schoss ein Beamter außer Dienst auf einen Mann, der ohne zu bezahlen mit einigen Stücken Seife aus einem Supermarkt ging, elfmal in den Rücken. Der Man starb sofort.
Gouverneur Tarcisio de Freitas steht unter Druck, da seit seinem Amtsantritt im Januar 2023 die Zahl der von der Polizei getöteten Personen stark zugenommen hat. Nach 2022 mit 396 Getöteten stieg die Zahl unter Freitas auf 460 im vergangenen Jahr. In diesem Jahr wurde die Marke von 700 getöteten Personen bereits überschritten.
Der Ex-Militär Freitas ist politisch eng mit Ex-Präsident Jair Messias Bolsonaro verbunden. Genau wie dieser propagiert Freitas ein hartes Vorgehen gegen Straftäter. Damit stelle er Polizisten einen Blankoscheck zum Töten aus, kritisieren Menschenrechtsorganisationen.