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Menschenrechtler: Gleichgültigkeit bei Genozid nicht wiederholen

Stell dir vor, es ist Völkermord – und keiner schaut hin. Damit sich dies nach Ruanda 1994 nicht wiederholt, öffnet eine Menschenrechtsorganisation jetzt ihre Archive.

Im Genozid-Memorial in Ruandas Hauptstadt Kigali hängen Fotos der Ermordeten
Im Genozid-Memorial in Ruandas Hauptstadt Kigali hängen Fotos der ErmordetenImago / Zuma Wire

30 Jahre nach dem Völkermord in Ruanda warnt die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) die Welt vor einem erneuten Wegschauen. Aus der Untätigkeit, derer sich führende Politiker und Diplomaten 1994 schuldig gemacht hätten, ließen sich Lektionen für heutige Konflikte ziehen, so HRW-Direktorin Tirana Hassan. Unterdessen bleibe der Mord an mindestens 800.000 Ruandern ein “Schandfleck in unserem kollektiven Gewissen”.

HRW zufolge haben internationale und ruandische Aktivisten bereits 1993 und verstärkt im Jahr des Genozids vor Massengräueln gewarnt. Ihre Forderungen seien aber von den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union (AU) und den Regierungen ignoriert worden, wie aus den Archiven der Organisation hervorgehe. Einen Teil dieser Zeitdokumente wolle man nun öffentlich zugänglich machen.

Aktivisten: Intervention hätte Genozid aufhalten können

“Eine schnelle und effiziente internationale Intervention hätte den Völkermord aufhalten und einige der schlimmsten Morde verhindern können”, heißt es von den Aktivisten. “Die Archive zeigen, wie internationale Führer das nicht nur ausschlugen, sondern sich zudem über Wochen weigerten, ihre politische und moralische Überlegenheit auszuspielen, um die Legitimität der Genozid-Regierung anzufechten.”

Am 6. April jährt sich der Flugzeugabsturz der damaligen Präsidenten Ruandas und Burundis zum 30. Mal. Der Abschuss nahe der ruandischen Hauptstadt Kigali gilt als Auslöser des Völkermordes. In den darauffolgenden 100 Tagen töteten Extremisten mehr als 800.000 Angehörige der Tutsi-Volksgruppe und gemäßigte Hutu. Viele Menschen wurden auch in Kirchen ermordet. Sie wurden zum Teil von Priestern oder Ordensleuten an ihre Verfolger ausgeliefert.