Die Situation in Kenia ist offenbar außer Kontrolle. Teile des Parlamentsgebäudes haben gebrannt; die Polizei hat geschossen. Doch die jungen Demonstranten wollen die geplanten Steuererhöhungen nicht hinnehmen.
In der kenianischen Hauptstadt Nairobi hat die Polizei am Dienstagnachmittag offenbar mit Tränengas auf Kirchengelände geschossen. Das berichtet die Zeitung “The Star” auf ihrer Homepage. Das Rote Kreuz versorge an der Basilika der Heiligen Familie Verletzte, die bei den Protesten gegen das umstrittene Steuergesetz verwundet wurden. Die Proteste dauern demnach an.
Zuvor hatten Demonstranten das Parlament gestürmt und zu Teilen in Brand gesteckt. Auch Polizeifahrzeuge brannten. Vor dem Parlamentsgebäude feuerte die Polizei Schüsse ab. Der Radiosender Capital FM berichtet von mindestens vier Toten; teilweise wird die Opferzahl höher angegeben. Eine offizielle Bestätigung gibt es bislang nicht. Laut dem Kenyatta National Hospital seien bis zum Nachmittag 45 Verletzte aufgenommen worden, so “The Star”.
Auch in anderen Städten des Landes demonstrieren demnach vorwiegend junge Menschen auf den Straßen. Sie seien mehrheitlich zwischen 20 und 30 Jahre alt und wollten ein neues Gesetz zu weitreichenden Steuererhöhungen verhindern. Damit erhofft sich die Regierung von Präsident William Ruto (57), der seit 2022 amtiert, zusätzliche Einnahmen von 2,7 Milliarden US-Dollar. Damit solle die Kreditaufnahme verringert werden. Erste Änderungen des Vorschlags hat es laut Medienberichten bereits gegeben. Dazu gehöre eine Streichung von Steuern auf Speiseöl und mobile Gelddienstleistungen.
Protestiert wird auch in Sozialen Medien unter den Hashtags #RejectFinanceBill2024 und #OccupyParliament. Die Proteste gelten Beobachtern zufolge als historisch, weil Organisatoren wie Teilnehmer verschiedenen Religionen, gesellschaftlichen Schichten und Ethnien angehörten. Sie begannen in der vergangene Woche. Am Dienstag fand eine weitere Parlamentsdebatte zu dem umstrittenen Gesetz statt.
Vertreter von Religionsgemeinschaften haben sich wiederholt hinter die Protestierenden gestellt. Kirchenvertreter hatten die Steuererhöhungen mehrfach kritisiert. Die katholische Kirche warnte vor einem Anstieg von Armut. Vergangene Woche wurden kenianischen Medien zufolge verletzte Demonstranten in einer Moschee in Nairobi versorgt. Bei ersten Protesten waren bereits zwei Menschen gestorben und mehr als 200 verletzt worden.
Am Dienstag kritisierte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International, dass offenbar mindestens zwölf Personen verschleppt wurden, die sich an den Protesten beteiligten.