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Medienwissenschaftler: Online-Dating ist zielgerichtet

Online-Anzeigen sind bei der Partnersuche nach Einschätzung des Berliner Medienwissenschaftlers Joachim von Gottberg zielgerichteter als klassische Annoncen. Der frühere Professor für Medienwissenschaften an der Universität Halle an der Saale sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) anlässlich des Valentinstages am 14. Februar, spezialisierte Online-Portale böten eine größere Vielfalt als Printmedien, beispielsweise in Bezug auf unterschiedliche Altersgruppen, sexuelle Vorlieben und kulturelle Interessen: „Für jede sexuelle Spielart gibt es ein eigenes Portal.“

Für manche Menschen seien klassische Kontaktanzeigen jedoch besser geeignet als die Online-Suche, räumte er ein. Vor allem ältere Menschen haben sich nach seinem Eindruck noch nicht an das Internet gewöhnt. „Sie könnten klassische Printmedien zur Kontaktaufnahme bevorzugen, beispielsweise nach dem Verlust eines Partners.“

Online-Datingportale könnten auch zu Frustrationen führen, Gottberg spricht von „Tinder-Burnout“: Kennzeichnend dafür sei, „wenn die Suche über längere Zeit erfolglos bleibt, wenn man immer wieder neue Hoffnungen schöpft, die dann enttäuscht werden“. Manche Menschen, die online nach einem Partner oder einer Partnerin suchten, „entwickeln auch eine Art Suchtverhalten: Sie warten ab, ob sie nicht vielleicht noch jemand Interessanteren oder Besseren finden, und können sich deshalb nicht entscheiden.“

Zudem fehlen beim Online-Dating nach Gottbergs Worten „oft die Romantik und die emotionalen Spannungen, die beim Kennenlernen im sozialen Umfeld entstehen“. Viele User von Tinder, Parship und Co. nutzten die Portale „lediglich für kurzfristige Begegnungen, was Enttäuschungen und Missverständnisse hervorrufen kann“. Die Nutzung der Portale berge somit Chancen wie Gefahren – „je nachdem, wie bewusst sie eingesetzt werden“.