Heutzutage haben ganz wenige Menschen unendlich viel Macht, sich Gehör zu verschaffen, wie der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen meint. Er sieht das kritisch – und schlägt drei Dinge vor.
Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen warnt vor einer “Re-Feudalisierung der öffentlichen Welt”. Ganz wenige Menschen wie Elon Musk, der Besitzer der Kommunikationsplattform X, früher Twitter, hätten unendlich viel Macht, sich Gehör zu verschaffen, sagte Pörksen der “Augsburger Allgemeinen” (Montag).
Der Forscher schlug zum Umgang mit dieser Entwicklung drei Punkte vor. “Erstens braucht es eine gewaltige Bildungsanstrengung, um Medienmündigkeit auf der Höhe der digitalen Zeit zu fördern”, sagte Pörksen. Mit ein paar iPads in Klassenzimmern sei es nicht getan. “Es braucht lange schon ein eigenes Schulfach – das jedoch vermutlich nie kommen wird. Denn das Schulsystem agiert angesichts der digitalen Umwälzungen, in denen wir uns befinden, viel zu behäbig und langsam.” Zuversichtlich stimmten ihn Bemühungen von Journalistinnen und Journalisten, die in die Schulen gingen und dort Medienkompetenz-Workshops anböten, so Pörksen weiter.
Der Medienwissenschaftler ergänzte, zweitens brauche es vonseiten der EU Regulierungsanstrengungen für soziale Medien und einen entschiedenen Kampf gegen Desinformation und Hassrede. “Hier ist man auf einem guten Weg.” Pörksen fügte hinzu: “Drittens müssen wir um bessere Debatten ringen, um die Kunst des konstruktiven Streits. Hier ist die gesellschaftliche Mitte gefordert wie nie zuvor, gerade weil es in der öffentlichen Welt eine Dominanz der Lauten gibt.”
Im Hinblick auf den Bundestagswahlkampf kritisierte Pörksen, dass dieser “die gewaltigen Krisen und Herausforderungen unserer Gegenwart eigentlich nicht ernst nimmt. Es müsste um die Klimakrise, den demografischen Wandel, die digitale Revolution und die Überbürokratisierung gehen – stattdessen: ein Wahlkampf lange in einer Wattewelt, Themenvermeidung als das zentrale Prinzip, Wohlfühl-Inszenierungen, bloß taktisches Sprechen.”
Taktisch möge es erfolgreich sein, möglichst kein Risiko einzugehen und auf Fehlervermeidung aus zu sein, so Pörksen. “Gesellschaftspolitisch ist es fatal. Es gibt nun einmal Themen, die angesprochen werden müssen. Und die die lange Linie des Denkens sowie die ausgeruhte Entscheidungsfindung brauchen.”