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Massentourismus in Italien – App soll Abhilfe schaffen

Italien platzt aus allen Nähten. Millionen von Urlaubern steuern dieselben Städte und Sehenswürdigkeiten an und sorgen für unangenehme Überfüllung. Eine App soll dem nun gegensteuern.

Im Land der blühenden Zitronen wird es ungemütlich. Seit Jahren steigen die Touristenzahlen, volle Städte, hohe Übernachtungspreise, Verdrängung der Einheimischen und sinkende Authentizität der Reiseziele sind einige Folgen. Eine von zwei jungen Italienern entwickelte App soll die Besucherströme nun umlenken – zum Wohl der Bevölkerung wie auch der Touristen. Mit “Unexpected Italy” soll laut Machern ein Tourismus gefördert werden, der die Umwelt und die Einheimischen respektiert, das kulturelle Erbe schützt und die Touristen in das lokale Leben integriert. Seit Anfang August ist sie verfügbar.

Neben weniger bekannten und bereisten Reisezielen sollen besondere Unterkünfte, Restaurants und Handwerksbetriebe in Italiens Metropolen vorgestellt werden. “Die Tatsache, dass 70 Prozent der Touristen nur 1 Prozent von Italien besuchen, ist alarmierend und inakzeptabel”, schreiben die Gründer Elisabetta Faggiana und Salvo Losito auf ihrer Website. Es bestehe die dringende Notwendigkeit, die Touristenströme umzuverteilen, auch durch eine verlängerte Urlaubssaison.

Im Jahr 2023 verzeichneten Italiens Beherbergungsbetriebe die höchsten Werte seit Beginn der Erhebungen, so die Schätzung der nationalen Statistik-Behörde Istat. Allein die Besucherzahlen in Rom stiegen um 8 Prozent gegenüber dem bislang stärksten Jahr 2019. Im aktuellen Sommerquartal sollen laut einer Studie des italienischen Tourismusverbands Assoturismo Confesercenti rund 26 Millionen Touristen mit 105 Millionen Übernachtungen aus dem Ausland anreisen. Spitzenreiter sind deutsche Urlauber, gefolgt von Besuchern aus den USA, Frankreich, den Niederlanden, Schweiz und Österreich.

Um den Touristenandrang zu reduzieren, hatte die Stadt Venedig im Frühjahr in einer 29-tägigen Testphase 5 Euro Eintritt von Tagesbesuchern verlangt. Die Zahl der gebührenpflichtigen Tage soll im kommenden Jahr steigen, der Eintrittspreis auf 10 Euro erhöht werden. Nach bisherigen Erkenntnissen hat die Maßnahme nicht zu einer Eindämmung der Touristenströme geführt.

Mit ihrer App wollen Faggiana und Losito auch Venedig- und Rombesuchern ein maßgeschneidertes Urlaubsprogramm ermöglichen, aber auch andere Ziele vorschlagen. Es solle Touristen helfen, verantwortungsvoller zu reisen und mehr mit den Einheimischen zu interagieren, um sinnvollere und persönlichere Erfahrungen zu machen, schreiben sie. Alle Anbieter durchlaufen eine Verifizierung, sie müssen ihre Region repräsentieren, unabhängig oder familiengeführt sein, und auf soziale Nachhaltigkeit achten.