Nach dem brutalen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober und israelfeindlichen Versammlungen hat der Berliner Pastor Dietmar Päschel zu Mahnwachen vor der Synagoge am Kreuzberger Fraenkelufer aufgerufen. Seine freikirchliche Adventisten-Gemeinde liegt im benachbarten Stadtteil Neukölln. Für Päschel sind Mahnwachen wie am Freitag ein Zeichen der Solidarität, wie er dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte.
epd: Ihre Gemeinde gehört zur evangelischen Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten. Sie haben Ihren Sitz mitten in Neukölln. Wie hat sich die Stimmung im Kiez seit dem 7. Oktober verändert?
Päschel: An einigen exponierten Orten war ein Knistern in der Luft zu spüren. Die Polizei hat starke Präsenz gezeigt und ist zügig eingeschritten, wenn gewaltverherrlichende oder israelfeindliche Parolen gerufen wurden. Bedrückend finde ich, dass israelfeindliche und antisemitische Graffiti stark zugenommen haben. Das dürfen wir nicht hinnehmen.
epd: Inwieweit ist Ihre Gemeinde davon betroffen?
Päschel: Viele Gemeindemitglieder wohnen nicht im Kiez. Angesichts der Bilder von der Sonnenallee haben mich Anfragen erreicht, ob der Weg zum Gemeindehaus sicher sei. Das hat Einzelne verunsichert. Doch es ist nur ein Bruchteil von dem, was Jüdinnen und Juden derzeit verspüren. Mit meinen Gedanken bin ich bei einem befreundeten Rabbinerpaar aus der Nachbarschaft. Sie erleben, wie vor ihrer Tür die Gewalttaten der Hamas gefeiert werden. Ich kann nur ahnen, welche existenziellen Fragen das hervorrufen muss.
epd: Nach dem versuchten Brandanschlag auf eine jüdische Einrichtung in der Berliner Brunnenstraße in der Nacht zum 18. Oktober haben Sie am vergangenen Freitag eine Mahnwache gegen Antisemitismus vor der Synagoge am Kreuzberger Fraenkelufer organisiert, nicht weit entfernt von der Sonnenallee.
Päschel: Mit der Synagoge verbinden mich freundschaftliche Kontakte. Ich war mehrfach in der Synagoge zu Gast. Schon vor vier Jahren standen wir nach dem Synagogen-Anschlag von Halle einmal als kleine Gruppe vor der Synagoge. Mit Kerzen wollten wir denen unsere Verbundenheit zeigen, die zum Schabbat-Gebet gingen. Nach den Terrorakten der Hamas hatte die Synagoge selbst um Unterstützung gebeten. Am ersten Freitagabend waren mehrere hundert Menschen vor der Synagoge. Am zurückliegenden Freitag kamen 50 Personen zusammen, davon nur ein kleiner Teil aus meiner Gemeinde. Es ist die Nachbarschaft und die aktive Zivilgesellschaft, die Zeichen der Verbundenheit setzen wollten. Einige Beterinnen und Beter haben den Teilnehmenden der Mahnwache gedankt und berichtet, dass ihnen das Zeichen guttat.
Auch am kommenden Freitag wird ab 18.30 Uhr eine stille Mahnwache stattfinden; gern mit Kerzen, am besten ohne Fahnen oder Plakate. Es geht um ein stilles Zeichen, dass Menschen an ihrer Seite sind, wenn Jüdinnen und Juden in der Nachbarschaft zum Gebet zusammenkommen.